Richtlinie
Zweite Änderung und Verlängerung der Richtlinie zur Förderung nichtinvestiver sozialer Maßnahmen zur Durchführung familienentlastender Dienste (FED) im Freistaat Thüringen
[Vom 6. Oktober 2021, geändert durch Bekanntmachung vom 4. Mai 2023]
1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie, der §§ 23 und 44 Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) und den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften (VV) Zuwendungen zur Durchführung FED in Thüringen.
1.2 Zweck der Förderung ist, die Arbeit der FED mit ihren sozialpädagogischen Angeboten und Maßnahmen sicherzustellen und eine niedrigschwellige Betreuung von Menschen mit Behinderungen aufrechtzuerhalten.
Sozialpädagogische Angebote und Maßnahmen der FED sind insbesondere:
- stunden- oder tageweise Betreuung von Menschen mit Behinderungen im privaten Bereich,
- Wochenendbetreuung von Menschen mit Behinderungen,
- Unterstützung der Angehörigen von Menschen mit Behinderungen bei der Haushaltsführung,
- ambulante Freizeitangebote für Angehörige von Menschen mit Behinderungen,
- Beratung und Begleitung der Angehörigen von Menschen mit Behinderungen,
- Eltern- und Selbsthilfegruppen von Menschen mit Behinderungen.
Die Angebote und Maßnahmen müssen dem individuellen Bedarf entsprechend familiennah und verlässlich abrufbar sein.
1.3 Ziel des Förderprogramms ist, eine Betreuung beispielsweise in einer besonderen Wohnform, einem Wohnheim für Kinder und Jugendliche mit Behinderung oder eine stationäre Betreuung möglichst zu vermeiden.
1.4 Die Fördermaßnahmen werden durch den Zuwendungsgeber einer Zielerreichungskontrolle (Controlling) gemäß den Verwaltungsvorschriften zu § 23 ThürLHO unterzogen. Ziele des Programms sind:
- landesweite, bedarfsgerechte Versorgung mit FED,
- Stärkung der Familien durch Beratung und Betreuung,
- Entlastungen der Angehörigen von Menschen mit Behinderungen, um deren Selbsthilfekräfte zu stärken.
Für die Erreichung der Ziele sind folgende Zielindikatoren zu erfassen:
- Anzahl der geförderten FED,
- Anzahl der hauptberuflichen Fachkräfte und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen,
- Anzahl der Betreuungen,
- Anzahl der betreuten Familien,
- Einzelbetreuungen insgesamt,
- Stundenanzahl Betreuung Erwachsene insgesamt,
- Stundenanzahl Betreuung Kinder insgesamt,
- Anzahl der Gruppenbetreuungen insgesamt,
- Stunden Gruppenbetreuungen insgesamt,
- Anzahl der Beratungen,
- mittlere Beratungsdauer in Stunden.
Sofern als Indikator eine Anzahl genannt wird, ist der Vergleichsmaßstab jeweils das dem Bewilligungszeitrum vorhergehende Haushaltsjahr.
1.5 Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht.
Die Zuwendungen werden nach pflichtgemäßem Ermessen der Bewilligungsbehörde im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt.
2 Gegenstand der Förderung
Gefördert werden notwendige Sachausgaben der FED gemäß Ziffer 5.2.1 und Personalausgaben für hauptberufliche Fachkräfte der FED gemäß Ziffer 5.2.2.
3 Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger als Träger von FED sind:
- Wohlfahrtsverbände,
- freigemeinnützige Träger, soweit sie einem Verband der freien Wohlfahrtspflege angehören,
- Kirchengemeinden oder -verbände.
4 Zuwendungsvoraussetzungen
4.1 Beim Zuwendungsempfänger soll mindestens eine Fachkraft hauptberuflich und -verantwortlich tätig sein, deren Aufgaben vor allem darin bestehen:
- den Erstkontakt mit den Familien aufzunehmen,
- Familien mit schwerst- und mehrfachbehinderten Angehörigen zu betreuen und fachlich zu begleiten,
- den Einsatz der anderen, auch ehrenamtlichen, Mitarbeiter:innen zu koordinieren und sie fachlich anzuleiten,
- Erstellen eines Finanzierungskonzeptes der nicht gedeckten Ausgaben,
- Vorbereitung der Verhandlungen mit gesetzlichen Rehabilitationsträgern und freiwilligen Zuwendungsgebern,
- die Aufgabenwahrnehmung mit anderen ambulanten Diensten und dem Sozialamt zu koordinieren.
Eine Zuwendung wird nur dann gewährt, wenn an den Angeboten und Maßnahmen gemäß Ziffer 1.2 Bedarf besteht.
4.2 Für die Erbringung der FED ist eine organisierte Zusammenarbeit von haupt- und nebenberuflichen sowie ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen erforderlich.
Der Zuwendungsempfänger hat sicherzustellen, dass die Mitarbeiter:innen sich für die jeweilige zu erfüllende Aufgabe persönlich eignen und über entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten für diese Aufgabe verfügen.
4.3 Das Fachkräftegebot für die hauptberuflichen Mitarbeiter:innen ist insbesondere bei nachstehenden Abschlüssen erfüllt:
- Diplom-, Bachelor-, Magister- oder Masterabschluss in einem Studiengang der Heilpädagogik, Sozialpädagogik, Rehabilitationspädagogik, Sozialen Arbeit,
- staatlich anerkannte/-r Heilpädagoge/-in,
- staatlich anerkannte/-r Erzieher/-in mit heilpädagogischer Zusatzqualifikation,
- staatlich anerkannte/-r Alten-, Kranken- und Gesundheitspfleger/- in mit heilpädagogischer Zusatzqualifikation,
- Fachkraft für Soziale Arbeit.
Das für Soziales zuständige Ministerium kann im Einzelfall Abweichungen von den geforderten Abschlüssen zulassen, wenn die sachlichen Gegebenheiten dies erfordern.
Soweit für die jeweiligen Berufe eine staatliche Anerkennung geregelt ist, muss diese vorliegen. Erfahrungen in der fachspezifischen Arbeit mit Menschen mit Behinderungen sollten gegeben sein.
Nebenberufliche und ehrenamtliche Mitarbeiter:innen sollen über Berufserfahrung verfügen, die sie für die jeweilige Betreuungs- und Unterstützungstätigkeit befähigt. Ausbildungsabschlüsse werden für diese Mitarbeiter:innen nicht vorgegeben. Es können auch Praktikanten:innen, Mitarbeiter:innen im berufsvorbereitenden sozialen Jahr (BSJ) und zeitweise Mitarbeiter:innen im Anerkennungsjahr Soziale Arbeit eingesetzt werden.
4.4 Der Eigenanteil des Zuwendungsempfängers muss mindestens 10% betragen. Dieser kann ganz oder teilweise durch von den auftraggebenden Angehörigen gezahlte Entgelte sowie durch Spendenmittel aufgebracht werden.
4.5 Gefördert werden ausschließlich FED, die Familien unterstützen, in deren Haushalt Angehörige mit Behinderungen leben.
Ausgeschlossen hiervon sind jedoch seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie junge Volljährige, die entsprechende Hilfe nach §§ 41, 35a des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilfe erhalten.
5 Art und Umfang, Höhe der Zuwendungen
5.1 Zuwendungsart und -form, Finanzierungsart
Die Zuwendung wird als Projektförderung in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses gewährt. Finanzierungsart ist die Anteilsfinanzierung.
5.2 Zuwendungsfähige Ausgaben, Höhe der Zuwendung
5.2.1 Sachausgaben sind:
- anteilige ortsübliche Mieten und Strom sowie Betriebskosten,
- Verbrauchsmaterial und geringwertige Wirtschaftsgüter bis zur Inventarisierungsgrenze nach Nr. 4.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P),
- Erst- und Ersatzbeschaffung von Bürokommunikationsgeräten,
- sonstige Ausgaben (Miete/Leasing für Bürogeräte, Kommunikationsausgaben wie z.B. Telefonie und Internet).
Die zuwendungsfähigen Sachausgaben können mit einem Maximalbetrag von bis zu 5.000 EUR pro FED bezuschusst werden.
5.2.2 Personalausgaben Zuwendungsfähige Personalausgaben sind nur die Ausgaben, die im Rahmen der Erfüllung des Zuwendungszweckes entstehen. Dabei werden maximal zwei hauptberufliche Fachkräfte je FED bei einer Eingruppierung bis zur Entgeltgruppe E 9 b des jeweils gültigen Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder gefördert.
Die Höhe der Zuwendung des Landes an den zuwendungsfähigen Personalausgaben für hauptberufliche Fachkräfte kann maximal bis zu 60% betragen.
5.3 Nicht gefördert werden Leistungen, die von Sozialstationen oder anderen mobilen Diensten erbracht werden bzw. für die ein gesetzlicher Leistungsträger zuständig ist und die deshalb von diesem zu finanzieren sind.
6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1 Über die geleisteten Angebote und Maßnahmen im Rahmen von Ziffer 1.2 sind Nachweise und Statistiken, entsprechend den Vorgaben der Bewilligungsbehörde, zu führen.
6.2 Die Zuwendungsempfänger haben der Bewilligungsbehörde mit dem Verwendungsnachweis auch die für das Controlling benötigten statistischen Daten zu den Zielindikatoren nach Ziffer 1.4 vorzulegen.
6.3 Der zeitliche Betreuungsaufwand pro Familie und angehörigem Menschen mit Behinderung soll regelmäßig monatlich 15 Stunden bzw. 180 Stunden pro Jahr nicht überschreiten.
7 Verfahren
7.1 Antragsverfahren
7.1.1 Der Antrag auf Förderung ist schriftlich und rechtsverbindlich unterschrieben bis zum 31. Oktober des Vorjahres des Förderbeginns beim Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA), Fachgebiet Antrag Soziales, Familie, Jugend und Sport, Weimarische Straße 45/46 in Erfurt einzureichen.
7.1.2 Der Antrag hat zu enthalten:
- eine inhaltliche Konzeption und Auflistung der geplanten Angebote und Maßnahmen nach Ziffer 1.2,
- eine Stellungnahme des örtlichen Sozialhilfeträgers zum Bedarf an den FED und zur koordinierten Aufgabenabstimmung mit den anderen ambulanten Hilfsdiensten (z.B. Sozialstationen) sowie zum Finanzierungsplan des Trägers,
- Angaben zu Anzahl, Qualifikation und Entlohnung der hauptberuflichen und der ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen je FED.
Im Finanzierungsplan sind Leistungen, die von anderen Sozialleistungsträgern, freiwilligen Zuwendungsgebern oder den Angehörigen der Menschen mit Behinderung erbracht wurden oder zu erbringen sind, gesondert auszuweisen. Auf bereits beim TLVwA vorliegende Unterlagen kann Bezug genommen werden.
7.2 Bewilligungsbehörde und -verfahren
7.2.1 Bewilligungsbehörde ist das TLVwA.
7.2.2 Die Zuwendungen werden durch schriftlichen Zuwendungsbescheid bewilligt.
7.3 Anforderungs- und Auszahlungsverfahren
Die Zuwendungen werden durch schriftlichen Abruf bei der Bewilligungsbehörde im Rahmen der Durchführung der Maßnahme ausgezahlt.
7.4 Verwendungsnachweisverfahren
7.4.1 Die Prüfung des Verwendungsnachweises obliegt der Bewilligungsbehörde.
7.4.2 Der Verwendungsnachweis ist nach Nr. 6.1 bis 6.4 der ANBest-P zur Projektförderung zu führen.
Der Verwendungsnachweis ist dem TLVwA zusätzlich als elektronische Datei zu übermitteln.
7.5 Prüfungsrechte
Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern und zu prüfen sowie die ordnungsgemäße Verwendung der Zuwendung durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 ThürLHO).
Die Prüfungsrechte des Thüringer Rechnungshofs (§ 91 ThürLHO) bleiben hiervon unberührt.
7.6 Zu beachtende Vorschriften
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die §§ 48, 49 und 49a Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz und die VV zu § 44 ThürLHO, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.
8 Inkrafttreten, Befristung
Die Richtlinie tritt am 1. Januar 2022 in Kraft und wird bis zum 31. Dezember 2024 befristet.