Richtlinie
Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur investiven Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten der Aus- und Weiterbildung (ÜBS)
GI.Nr. 6608.43
Bekanntmachung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus
vom 16. Juni 2022 – VII 534
Die investive Förderung der überbetrieblichen Berufsbildungsstätten der Aus- und Weiterbildung wird mit Landesmitteln sowie mit Mitteln der Bundesförderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 15. Januar 2015) durchgeführt.
Die Förderung der überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS) ist wesentlicher Teil einer Infrastrukturförderung im Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Sie dient der flächendeckenden Grundversorgung unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung, wobei aufgrund der sich ständig verändernden Rahmenbedingungen wie der demographischen Entwicklung und des technologischen Wandels die Weiterentwicklung der ÜBS mit Blick auf das lebenslange Lernen ermöglicht werden soll. Mit der Förderung soll eine adäquate Infrastruktur der ÜBS durch Modernisierung bzw. Umstrukturierung gewährleistet und an die veränderten bildungspolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden.
Zudem kann auf diese Weise ein Beitrag zur nachhaltigen Sicherung des Fachkräftebedarfs in Schleswig-Holstein geleistet werden.
Entsprechend der gewährten Fördermittel bestimmen sich die zum Tragen kommenden Rechtsgrundlagen (Landes- und/oder Bundesförderrichtlinie).
1 Rechtsgrundlage, Zuwendungszweck
1.1 Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) Zuwendungen für Investitionen für
- die Errichtung (Bau und Ausstattung),
- den Ausbau (Erweiterungsbau und Ausstattung),
- die Modernisierung bzw. Umstrukturierung von ÜBS (Umbau, Substanzverbesserung und Anpassung der Ausstattung an den technischen Standard, an Lehrplanvorgaben, an fachliche Neuausrichtung und an örtliche Konzentration),
- die Weiterentwicklung von ÜBS zu Kompetenzzentren.
1.2 Im Zusammenhang mit ÜBS stehende Internatswohnheime können in begründeten Einzelfällen gefördert werden.
1.3 Die Förderung dient dazu, in Schleswig-Holstein eine bedarfsgerechte, am Wandel der demographischen, gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen ausgerichtete Infrastruktur beruflicher Bildung zu schaffen und ÜBS auf modernem Standard zu halten, um eine zeitgemäße, qualitativ hochwertige berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung zu ermöglichen.
Auf diese Weise soll ein Beitrag zur nachhaltigen Sicherung des Fachkräftebedarfs in Schleswig-Holstein geleistet werden.
1.4 Ziel ist, die Qualifikation der Auszubildenden, Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und Arbeitssuchende in Anpassung ansteigende Anforderungen zu verbessern, Arbeitslosigkeit vorzubeugen, den Fachkräftebedarf zu decken und die Ausbildungs- und Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Betriebe – insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen – zu sichern und zu optimieren.
1.5 ÜBS sind Einrichtungen, in denen berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildungslehrgänge und -maßnahmen angeboten werden. Sie ergänzen das betriebliche und schulische Angebot von beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung. ÜBS erfüllen insbesondere folgende Aufgaben, für die eine Investitionsförderung gewährt werden kann:
- Überbetriebliche Ausbildung nach Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung
- Fachpraktische Ausbildung im Rahmen von Lernortkooperation
- Überbetriebliche berufliche Fort- und Weiterbildung
- Berufsausbildungsvorbereitende Maßnahmen
- Außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen zur Ergänzung des betrieblichen Ausbildungsplatzangebotes
- Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Beschäftigte
- Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen für Arbeitsuchende
- Bildungsmaßnahmen Menschen mit Migrationsoder Fluchthintergrund
- Modellhafte Maßnahmen zur Weiterentwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung
1.6 Im Rahmen einer Lernortkooperation können auch Regionale Berufsbildungszentren (RBZ) und berufsbildende Schulen (BBS) im Sinne dieser Richtlinie gefördert werden.
1.7 Unternehmenseigene Maßnahmen beruflicher Bildung werden nicht gefördert.
1.8 Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2 Zuwendungsempfängerinnen/Zuwendungsempfänger
2.1 Antragsberechtigt sind
- juristische Personen des öffentlichen Rechts,
- im Sinne der Abgabenordnung gemeinnützige juristische Personen des privaten Rechts, die Träger von ÜBS sind. Privatrechtlich organisierte Trägerinnen/Träger von ÜBS müssen grundsätzlich gemeinnützig im Sinne der §§ 51 bis 68 Abgabenordnung sein. Der Anerkennungsbescheid des Finanzamtes ist vorzulegen.
2.2 Antragsberechtigt sind auch Landesinnungsverbände und Fachverbände, die für ihre als juristische Personen des öffentlichen Rechts oder im Sinne der Abgabenordnung gemeinnützigen juristischen Personen des privaten Rechts organisierten Mitgliedern überbetriebliche Berufsbildung durchführen.
2.3 Nicht antragsberechtigt sind insbesondere Antragsteller/Antragstellerinnen, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren beantragt oder eröffnet worden ist. Dasselbe gilt für Antragsteller/Antragstellerinnen, und sofern die/der Antragstellerin/Antragsteller eine juristische Person ist, für den Inhaber der juristischen Person, soweit diese eine eidesstattliche Versicherung nach § 802c der Zivilprozessordnung oder § 284 der Abgabenordnung abgegeben haben oder zu deren Abgabe verpflichtet sind.
3 Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
3.1 Die Zuwendung wird im Wege der Projektförderung als Anteilfinanzierung in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses gewährt.
3.2 Bemessungsgrundlage sind die nachweisbaren zuwendungsfähigen Ausgaben, die unter Anlegung eines strengen Maßstabes für eine sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Erlangung des Zuwendungszweckes unmittelbar entstehen.
3.3 Die Zuwendung nach dieser Richtlinie beträgt in Abhängigkeit von der Leistungskraft der Trägerin/des Trägers grundsätzlich höchstens 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben.
3.4 Zuwendungsfähige Ausgaben sind die für den Betrieb einer ÜBS erforderlichen und angemessenen Ausgaben für Bau und Ausstattung von Werkstatt-, Lehr- und Unterrichts-, Verwaltungs- und Übungsräumen sowie sonstigen für eine ÜBS relevanten Bereiche.
3.5 Nicht zuwendungsfähige Ausgaben sind insbesondere Kosten des Grunderwerbs, der Finanzierung, der Verwaltung, Maßnahmen der Bauunterhaltung, Honorarkosten für die Ausstattungsplanung, Umzugskosten und Verbrauchsmittel.
3.6 Die Gesamtsumme aus der Zuwendung nach dieser Richtlinie und Zuwendungen aus anderen öffentlichen Mitteln darf 75 Prozent nicht überschreiten.
3.7 Die Eigenmittel der Trägerin/des Trägers sollen dementsprechend mindestens 25 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben betragen.
3.8 Als Eigenmittel der Trägerin/des Trägers gelten auch
- Eigenleistungen,
- Kapitalmarktmittel,
- Mittel, die Mitglieder der Trägerin/des Trägers im Rahmen des Mitgliedschaftsverhältnisses aufbringen.
Sonstige Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln gelten nicht als Eigenmittel.
3.9 Als Eigenleistung können berücksichtigt werden
- von der Trägerin/dem Träger erbrachte Vorleistungen (z.B. projektbezogene Bauplanungskosten),
- unbezahlte projektbezogene Sach- und Arbeitsleistungen, die von dritter Seite erbracht wurden,
sofern und soweit nicht öffentliche Mittel zur Mitfinanzierung herangezogen werden oder in der Vergangenheit gewährt wurden.
3.10 Liegt der zu fördernde Zweck auch im Interesse anderer Zuwendungsgeber, sollten diese sich angemessen vorrangig an der Finanzierung der zuwendungsfähigen Ausgaben beteiligen. Eine erreichbare, aber nicht beantragte öffentliche Förderung wird fiktiv auf den Landeszuschuss angerechnet, der sich entsprechend vermindert.
4 Sonstige Zuwendungsbestimmungen
4.1 Die Förderung ist mit der Auflage einer bestimmungsgemäßen Nutzung für Zwecke beruflicher Bildung verbunden. Trägerin oder Träger der geförderten Maßnahme sind an die Erfüllung der mit der Förderung verbundenen Voraussetzungen und Zwecke zeitlich gebunden.
4.2 Die Bindungsfrist beträgt bei geförderten Neu- und Erweiterungsbauten 25 Jahre. Für kleinere bauliche Maßnahmen wie Umbauten kann eine kürzere Frist, die mindestens aber 10 Jahre beträgt, festgelegt werden. Die Zweckbindungsfrist soll notwendigen Umstrukturierungen und Konzentrationsprozessen nicht entgegenstehen.
4.3 Für Ausstattungsinvestitionen beträgt die Bindungsfrist grundsätzlich fünf Jahre.
4.4 Sind Baumaßnahmen und Ausstattungsgegenstände vor Ablauf der Bindungsfrist nicht mehr für den Zuwendungszweck einsetzbar, ist über die weitere Verwendung das Einvernehmen mit dem Zuwendungsgeber herzustellen. Grundsätzlich besteht eine Rückzahlungsverpflichtung. Auch nach Ablauf der zeitlichen Bindung ist eine Entscheidung des Zuwendungsgebers darüber einzuholen, wie mit den aus der Zuwendung beschafften Gegenständen zu verfahren ist, wenn sie nicht mehr für den Zuwendungszweck benötigt werden. Es wird im Einzelfall entschieden, ob die Gegenstände dem Land oder einem noch zu bestimmenden Dritten zu übereignen, bei einem anteiligen Wertausgleich zu veräußern oder mit einem Restwert abzugelten sind.
4.5 Wenn die Trägerin/der Träger einer ÜBS ihre/seine Räumlichkeiten nicht als Eigentümerin/Eigentümer, sondern als Mieterin/Mieter nutzt, sind langfristige Miet- bzw. Nutzungsverträge nachzuweisen, die mindestens der Dauer der jeweiligen Nutzungsbindung entsprechen. Sofern die Trägerin/der Träger der ÜBS nicht Eigentümer des Geländes ist, muss durch Abschöpfungsvertrag zwischen der/dem Trägerin/Träger und der/dem Eigentümerin/Eigentümer gewährleistet sein, dass Gewinne durch eine etwaige Wertsteigerung der geförderten Infrastruktur nach Ablauf der Nutzungsbindung von der Eigentümerin/dem Eigentümer an die/den Trägerin/Träger abgeführt werden.
4.6 Bei Baumaßnahmen wird bei privatrechtlich organisierten Trägerinnen/Trägern von ÜBS die dingliche Sicherung gefordert. Die entsprechenden Gerichts- und Notarkosten sind von der Zuwendungsempfängerin/dem Zuwendungsempfänger zu tragen.
4.7 Die AntragsteIlung beinhaltet das Einverständnis, dass alle im Zusammenhang mit der Förderung bekannt gewordenen Daten von der Bewilligungsbehörde oder der von ihr beauftragten Stelle auf Datenträger gespeichert und von ihnen oder in ihrem Auftrag von wissenschaftlichen Einrichtungen oder Einrichtungen des Landes Schleswig-Holstein, des Bundes oder der Europäischen Union für Zwecke der Statistik und der Erfolgskontrolle über die Wirksamkeit des Förderprogramms ausgewertet und Auswertungsergebnisse veröffentlicht werden.
5 Verfahren
5.1 Bewilligungsbehörde ist das Schleswig-Holsteinische Institut für Berufliche Bildung (SHIBB), SG 20, Sophienblatt 50a, 24114 Kiel.
5.2 Zuwendungen sind vor Beginn der Maßnahme auf den bereitgestellten Antragsvordrucken unter Beifügung prüffähiger Unterlagen in zweifacher Ausfertigung beim Schleswig-Holsteinischen Institut für Berufliche Bildung (SHIBB) zu beantragen. Beizufügen sind eine Beschreibung des Vorhabens samt der Nutzung, der voraussichtlichen Kosten einschließlich der vorgesehenen Finanzierung und des Beginns und der Dauer des Vorhabens, eine aktuelle Vermögensübersicht, Gewinn- und Verlustrechnung bzw. Jahresabschluss des Vorjahres zur Prüfung der Liquidität sowie bei Bedarf eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Vorhaben. Weitere Unterlagen können durch die Bewilligungsbehörde jederzeit gefordert werden.
5.3 Die Bewilligungsbehörde prüft und entscheidet, ob das geplante Vorhaben die Fördervoraussetzungen erfüllt. Zur Prüfung des Bedarfs, der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Vorhabens sowie zur Feststellung der Angemessenheit der Kosten kann die Bewilligungsbehörde die Vorlage eines Gutachtens fordern und Gutachter/Gutachterinnen benennen. Die Gutachterkosten gehen zu Lasten der Antragstellerin/des Antragsstellers.
5.4 Mit dem Vorhaben darf vor Erteilung des Zuwendungsbescheides nicht begonnen werden.
5.5 Eine Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn bzw. zur vorzeitigen Beschaffung, die keinen Rechtsanspruch auf eine spätere Förderung begründet, kann in Ausnahmefällen schriftlich – mit Begründung – bei der Bewilligungsbehörde beantragt werden. Insofern trägt die Antragstellerin/der Antragsteller hierfür das gesamte Risiko. Sofern Gutachter eingeschaltet werden, müssen zumindest ihre vorläufigen Stellungnahmen vorliegen. Andere öffentliche Zuwendungsgeberinnen/Zuwendungsgeber müssen ebenfalls zustimmen.
5.6 Zuwendungen dürfen nur gewährt werden
- für Bauinvestitionen, wenn mit dem Vorhaben noch nicht begonnen worden ist. Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb gelten nicht als Beginn des Vorhabens;
- für Ausstattungsgegenstände, wenn diese noch nicht bestellt sind.
5.7 Die Abwicklung nach Bewilligung erfolgt durch die Bewilligungsbehörde.
5.8 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften (VV) bzw. VV-K zu § 44 LHO in Verbindung mit den entsprechenden Regelungen des Landesverwaltungsgesetzes (§§ 116, 117, 117a LVwG), soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.
5.9 Ergibt sich bei der Anwendung dieser Richtlinie eine im Einzelfall nicht beabsichtigte Härte oder liegen besondere landespolitische Interessen vor, können von der Bewilligungsbehörde Ausnahmen mit Zustimmung des Haushaltsreferates des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus zugelassen werden.
6 Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2024.
Die Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur investiven Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten der Aus- und Weiterbildung in der Bekanntmachung des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 25. März 2008 (Amtsbl. Schl.-H. S. 502) angepasst mit Bekanntmachung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein vom 6. Dezember 2013 (Amtsbl. Schl.-H. S. 1168), angepasst mit Bekanntmachung des Ministeriums für Schule und Berufsbildung vom 16. Februar 2016 (Amtsbl. Schl.-H. S. 178), Bekanntmachung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein (Amtsbl. Schl.-H. 2019 S. 596), angepasst mit Bekanntmachung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein vom 22. Februar 2021 (Amtsbl. Schl.-H. S. 274), hat jedoch weiter Bestand für die noch in der Abwicklung befindlichen Förderfälle.