Richtlinie
Förderung von Investitionen in den Radverkehr durch das Sonderprogramm „Stadt und Land“ in Rheinland-Pfalz
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 26. Januar 2021 (8704)
1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen
1.1 Das Land Rheinland-Pfalz gewährt auf Basis der zwischen dem Bund und den Ländern abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung Sonderprogramm „Stadt und Land“ vom 05.11./22.12.2020 Zuwendungen zu Investitionen in den Radverkehr. Dieses Finanzhilfeprogramm ist Bestandteil des Klimaschutzprogrammes 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050.
Mit dem Sonderprogramm „Stadt und Land“ soll insbesondere der Aufbau eines sicheren, in lückenlosen Netzen geplanten und mit geringen Verlustzeiten nutzbaren Radverkehrssystems gefördert werden. Ein solches trägt zu einer nachhaltigen und umweltschonenden Mobilität bei, aggregiert Quelle-Ziel-Verkehre, vermeidet Staus und verflüssigt den Verkehr insgesamt. Ziel ist es weiter, dabei sowohl in urbanen als auch in ländlichen Räumen das Fahrradfahren sicherer und attraktiver für die Radfahrenden zu gestalten und einen Umstieg vom Kfz auf das Fahrrad zu erreichen. Eine deutliche Verlagerung der Verkehre vom Kfz auf das Fahrrad fördert die Luftreinhaltung und den Lärmschutz, trägt signifikant zum Klimaschutz bei und schützt die Umwelt.
Die Radverkehrsinfrastruktur muss hohe Anforderungen für einen sicheren und attraktiven Radverkehr aller Nutzergruppen hinsichtlich einer gut erkennbaren Linienführung, der Querschnitt- und Knotenpunktgestaltung erfüllen. Sie ist in der Regel getrennt von Flächen anderer Verkehrsarten zu führen. Zur Attraktivitätssteigerung des Radverkehrs und der Förderung multimodaler Verkehre müssen auch geeignete und sichere Fahrradabstellmöglichkeiten geschaffen werden.
Die Zuwendungen erfolgen aus Mitteln des Bundes im Zeitraum 2020 bis 2023.
1.2 Die Gewährung der Zuwendung erfolgt nach Maßgabe dieser Verwaltungsvorschrift, den §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) vom 20. Dezember 1971 (GVBl. 1972 S. 2, BS 63-1) in der jeweils geltenden Fassung und der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) vom 20. Dezember 2002 (MinBl. 2003 S. 22, 324; 2017 S. 340) in der jeweils geltenden Fassung.
1.3 Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2 Förderfähige Vorhaben
2.1 Mit den Finanzhilfen des Bundes sollen Investitionen der Länder und Gemeinden in die Radverkehrsinfrastruktur, mit Blick auf ein flächendeckendes Angebot bevorzugt auch interkommunale Maßnahmen, insbesondere Stadt-Umland-Verbindungen einschließlich Maßnahmen zur Bildung interkommunaler Radverkehrsnetze, gefördert werden, die ohne eine finanzielle Beteiligung des Bundes erst nach dem Jahr 2023 oder überhaupt nicht getätigt würden.
2.2 Die Finanzhilfen des Bundes für Investitionen in die Radverkehrsinfrastruktur werden für solche Investitionen eingesetzt, die durch die gezielte Verbesserung der Radinfrastruktur deren Attraktivität und Sicherheit erhöhen, einen Beitrag zur Schaffung durchgängiger Netze leisten und mindestens entsprechend den bundesweit anerkannten technischen Regelwerken, die durch länderspezifische Regelwerke ergänzt werden können, geplant und umgesetzt werden.
2.3 Die Finanzhilfen können insbesondere eingesetzt werden für:
a) den Neu-, Um- und Ausbau einschließlich der erforderlichen Planungsleistungen Dritter (außerhalb der öffentlichen Verwaltung) und benötigten Grunderwerb von:
aa) straßenbegleitenden, vom motorisierten Individualverkehr (MIV) möglichst getrennten Radwegen (auch als Radfahr- und Schutzstreifen ausgebildet) einschließlich deren baulichen Trennung vom Kfz-Verkehr,
bb) eigenständigen Radwegen,
cc) Fahrradstraßen und Fahrradzonen,
dd) Radwegebrücken oder -unterführungen zur höhenfreien Querung; insbesondere von Straßen, Schienen- und Wasserwegen im Zuge von Radverbindungen,
ee) Knotenpunkten, die die Komplexität reduzieren, die Verkehrsströme trennen, eine vollständig gesicherte Führung des Radverkehrs vorsehen und/oder Sichthindernisse konsequent beseitigen, ebenso der Bau von Schutzinseln und/oder deutlich vorgezogenen Haltelinien.
Hierzu gehören auch die aus Verkehrssicherheitsgründen erforderlichen Elemente der verkehrstechnischen Ausstattung der Wege einschließlich Beleuchtungsanlagen und wegweisender Beschilderung in Anlehnung an das Merkblatt zur wegweisenden Beschilderung für den Radverkehr.
b) den Neu-, Um- und Ausbau der Anlagen des ruhenden Verkehrs einschließlich der erforderlichen Planungsleistungen Dritter (außerhalb der öffentlichen Verwaltung) für Fahrräder und Lastenräder von:
aa) Abstellanlagen, die eine diebstahlsichere, standfeste und stabile Befestigung von Fahrrädern ermöglichen, wie beispielsweise Anlehnbügel oder Doppelstockparksysteme oder Fahrradboxen
bb) Fahrradparkhäusern an wichtigen Quellen/Zielen des Radverkehrs.
c) betriebliche Maßnahmen zur Optimierung des Verkehrsflusses für den Radverkehr, die Koordinierung aufeinanderfolgender Lichtsignalanlagen, getrennte Ampelphasen (Grünphasen) für die unterschiedlichen Verkehrsströme zur Verbesserung der Sicherheit des Radverkehrs oder des Verkehrsflusses für den Radverkehr.
d) die Erstellung von erforderlichen Radverkehrskonzepten durch Dritte (außerhalb der öffentlichen Verwaltung) unter Berücksichtigung der Verknüpfung mit anderen Mobilitätsformen, insbesondere dem Fußverkehr. Die Ausgaben hierfür sind als vorweggenommene Planungskosten erst zusammen mit der Umsetzung der ersten daraus folgenden investiven Maßnahme heraus förderfähig.
3 Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind Gemeinden und Gemeindeverbände.
4 Fördervoraussetzungen
4.1 Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Investition
a) noch nicht begonnen worden ist,
b) bau- und verkehrstechnisch einwandfrei geplant ist,
c) unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant ist,
d) eine eigene Verkehrsbedeutung insbesondere für Berufs- oder Alltagsverkehre hat und insgesamt eine positive Prognose hinsichtlich des Verlagerungspotenziales aufweist,
e) nicht ausschließlich touristischen Verkehren dient oder zu dienen bestimmt ist,
f) im Rahmen eines integrierten Verkehrskonzeptes oder mindestens eines Radverkehrskonzeptes bzw. Radnetzes geplant ist,
g) dauerhaft, verkehrssicher und nachhaltig – einschließlich Winterdienst – durch die Träger der Straßenbaulast betrieben und unterhalten werden kann,
h) nach Maßgabe der für den jeweiligen Bereich geltenden Rechtsvorschriften barrierefrei gestaltet wird und
i) die unterschiedlichen Belange von Frauen und Männern berücksichtigt.
Bei der Vorhabenplanung sind die zuständigen Beauftragten oder Beiräte für die Belange behinderter Menschen anzuhören. Verfügt eine Gebietskörperschaft nicht über eine derartige Interessenvertretung, sind bei Vorhaben der Ortsgemeinden die oder der Beauftragte oder der Beirat der Verbandsgemeinde und, wenn auch diese darüber nicht verfügt, die oder der Beauftragte oder der Beirat des Landkreises sowie bei Vorhaben der Verbandsgemeinden und sonstigen kreisangehörigen Gemeinden die oder der Beauftragte oder der Beirat des Landkreises anzuhören, andernfalls die entsprechenden regional tätigen Verbände im Sinne des § 10 Abs. 4 des Landesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen. Wird innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterlagen über die Anhörung keine Stellungnahme der angehörten Interessenvertretung abgegeben, gilt die Zustimmung zur Vorhabenplanung als erteilt, wenn auf die Folgen des Fristablaufs in der Anhörung hingewiesen wurde. Auf Antrag kann die Frist um einen Monat verlängert werden.
Zuwendungen dürfen nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. Das für die Angelegenheiten des Verkehrs zuständige Ministerium kann im Einzelfall Ausnahmen zulassen. Der Beginn des Vorhabens liegt grundsätzlich beim Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags sowie bei der Aufnahme von Eigenarbeiten vor. Bei Baumaßnahmen gelten Planung, Bodenuntersuchungen und Grunderwerb nicht als Beginn des Vorhabens, es sei denn, sie sind alleiniger Zweck der Zuwendung.
4.2 Das durch die Zuwendung geförderte Vorhaben muss grundsätzlich mindestens für die Dauer von 25 Jahren nach Inbetriebnahme zweckentsprechend verwendet werden. Ausnahmen bilden Vorhaben nach Nummer 2.3 Buchst. b Doppelbuchst. aa (Abstellanlagen) und Buchst. c (betriebliche Maßnahmen), die grundsätzlich mindestens für die Dauer von zehn Jahren nach Inbetriebnahme zweckentsprechend zu verwenden sind.
Die Bewilligungsbehörde kann nach Teil II Nummer 8.2.4 zu § 44 Abs. 1 LHO der VV-LHO von einem Widerruf des Zuwendungsbescheids absehen, wenn der Zuwendungsempfänger nachweist, dass die Gegenstände für den Zuwendungszweck nicht mehr geeignet sind und ein vermögenswerter Vorteil nicht mehr gezogen werden kann oder die Gegenstände mit Einwilligung der Bewilligungsbehörde für andere förderungsfähige Zwecke verwendet werden.
4.3 Der Zuwendungsempfänger verpflichtet sich, während des Baus und nach Fertigstellung in geeigneter Form auf die Förderung durch den Bund hinzuweisen. Dabei sind das Logo des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und eine Dachmarke, sobald der Bund eine zur Verfügung stellt, zu verwenden. Nach Abschluss der Förderung bzw. nach Fertigstellung wichtiger Einzelmaßnahmen ist die Bundesförderung z.B. durch Plaketten oder Hinweistafeln dauerhaft darzustellen.
5 Art, Umfang und Höhe der Förderung
5.1 Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Form einer Anteilfinanzierung zur Projektförderung gewährt.
5.2 Der Regelfördersatz beträgt bis zu 75 v.H. der förderfähigen Ausgaben, bei finanzschwachen Gemeinden bis zu 90 v.H. der förderfähigen Ausgaben. Abweichend von Satz 1, 1. Alternative, beträgt – befristet bis zum 31. Dezember 2021 – der Regelfördersatz bis zu 80 v.H. der förderfähigen Ausgaben. Für die Bestätigung des Vorliegens einer Finanzschwäche ist für große kreisangehörige und kreisfreie Städte das Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz, für die Landkreise die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion und im Übrigen die Kommunalaufsicht bei der Kreisverwaltung zuständig.
5.3 Förderfähig sind die Ausgaben für Vorhaben nach Nummer 2. Die Bewilligungsbehörde (Nummer 6.4) kann zur Vereinfachung des Verwaltungsaufwandes Pauschalen zur Feststellung der Planungskosten oder der zuwendungsfähigen Investitionskosten einer förderfähigen Maßnahme festlegen und anwenden.
5.4 Nicht förderfähig sind insbesondere:
a) Kosten für Machbarkeitsstudien und Potenzialanalysen,
b) Verwaltungskosten (mit Ausnahme der Kosten für erforderliche Planungsleistungen Dritter außerhalb der Verwaltung),
c) Ausgaben, die ein anderer als der Träger des Vorhabens zu tragen verpflichtet ist,
d) Radschnellwege im Sinne des Artikels 3 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104 b des Grundgesetzes in Verbindung mit § 5 b Bundesfernstraßengesetz zum Bau von Radschnellwegen in Straßenbaulast der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände,
e) Umsatzsteuer, soweit diese nach dem Umsatzsteuergesetz in der Fassung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386) in der jeweils geltenden Fassung als Vorsteuer abziehbar ist.
6 Antrags- und Bewilligungsverfahren, Abwicklung der Förderung
6.1 Dem Förderantrag sind insbesondere folgende Unterlagen beizufügen:
a) Erläuterungsbericht,
b) Kostenberechnung,
c) Angaben zur Gesamtfinanzierung des Vorhabens mit jahresbezogenem Finanzierungsplan,
d) Übersicht über die Haushalts- und Finanzlage nach Teil II Anlage 1 zu § 44 Abs. 1 LHO der VV-LHO sowie eine Berechnung der Folgekosten oder gegebenenfalls eine Wirtschaftlichkeitsberechnung,
e) Angaben zum Bauzeitablauf,
f) Angaben zur Baugenehmigung bzw. zum Baurecht,
g) Planungsunterlagen,
h) Stellungnahme des zuständigen Beauftragten oder des Beirats für die Belange behinderter Menschen,
i) Bestätigung, dass die Investition ohne eine finanzielle Beteiligung des Bundes erst nach dem Jahr 2023 oder überhaupt nicht getätigt würde,
j) in Abhängigkeit des Vorhabens Angaben zur Unfallstatistik, zur CO2-Einsparung, zu den Nutzerzahlen, zum Verlagerungspotenzial und zur Verbesserung für Lastenräder.
6.2 Gemeinden, die aufgrund ihrer Finanzschwäche einen erhöhten Fördersatz nach Nummer 5.2 Satz 1 beantragen, fügen dem Förderantrag eine entsprechende Bestätigung der für sie nach Nummer 5.2 Satz 3 zuständigen Stelle bei.
6.3 Bei den Zuweisungen für Investitionen aus Anlass der Umsetzung der Verwaltungsvereinbarung Sonderprogramm „Stadt und Land“ zwischen dem Bund und den Bundesländern handelt es sich um die Gewährung von Finanzhilfen nach Artikel 104 b Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Infolgedessen ist eine Prüfung der Aufsichtsbehörde nach Teil II Nummer 3.5.1 zu § 44 Abs. 1 LHO der VV-LHO, ob der Antragsteller den im Finanzierungsplan vorgesehenen Eigenanteil sowie die Folgekosten des Vorhabens ohne Gefahr für seine dauernde Leistungsfähigkeit tragen kann (kommunalaufsichtliche Stellungnahme), entbehrlich. Im Übrigen werden die Investitionsmaßnahmen aus den in Nummer 1.1 dargelegten dringenden Gründen des Gemeinwohls – insbesondere des Klimaschutzes – für notwendig erklärt.
Die Bewilligungsbehörde leitet die Unterlagen nach Nummer 6.1 Buchst. c und d an die Kommunalaufsichtsbehörde zur Kenntnis weiter.
6.4 Der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM) ist sowohl zuständige Bewilligungsbehörde als auch Bauverwaltung im Sinne der baufachlichen Ergänzungsbestimmungen (ZBau) gemäß Teil II Nummer 6.2 zu § 44 Abs. 1 LHO der VV-LHO.
6.5 Der LBM stellt die für die Antragstellung, den Mittelabruf und den Verwendungsnachweis erforderlichen Informationen auf seiner Internetseite (https://lbm.rlp.de/de/service/formulare) bereit.
6.6 Die allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Gebietskörperschaften und Zweckverbände (ANBest-K) gemäß Teil II Nummer 5.1 zu § 44 Abs. 1 LHO der VV-LHO sind zum Bestandteil des Bewilligungsbescheids zu machen.
7 Inkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.