Richtlinie
Förderung sozialer Beratungsstellen
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen
vom 30. März 2010 (655-75 541-1)
[zuletzt verlängert durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz
vom 1. September 2020 (05 522-715)
geändert durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz und des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie
vom 3. März 2021 (321-0001#2019/0008-0701 73.0005)]]
Das Land Rheinland-Pfalz fördert soziale Beratungsstellen freier und öffentlicher Träger durch freiwillige Zuwendungen zu den anerkannten Fachpersonalkosten im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel unbeschadet der Verpflichtungen der kreisfreien Städte und Landkreise nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:
1 Gegenstand der Förderung
Gefördert werden soziale Beratungsstellen mit folgenden Beratungsangeboten:
Erziehungsberatungsstellen und Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen stehen den Integrierten Erziehungs- und Familienberatungsstellen gleich.
2 Voraussetzungen der Förderung
2.1 Träger
Gefördert werden soziale Beratungsstellen, die von
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Trägern der freien Wohlfahrtspflege oder anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe,
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kommunalen Gebietskörperschaften oder
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anderen Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts
unterhalten werden.
2.2 Grundlagen der Förderung
Die Förderung sozialer Beratungsstellen setzt voraus:
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einen durch den örtlich zuständigen Jugend- oder Sozialhilfeträger festgestellten regionalen Bedarf,
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eine zwischen dem Träger der sozialen Beratungsstelle und dem örtlich zuständigen Jugend- oder Sozialhilfeträger abgestimmte und durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung anerkannte Konzeption,
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eine Leistungsbeschreibung für das jeweilige Beratungsangebot; Grundlage hierfür sind die in den Anlagen 1 oder 2 genannten Rahmenleistungsbeschreibungen und
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eine gesicherte Gesamtfinanzierung.
Die Vorgaben des § 36 a Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bleiben unberührt. Die Förderung der Erziehungsberatung setzt den Abschluss einer Entgelt- und Leistungsvereinbarung zwischen dem Träger der sozialen Beratungsstelle und dem örtlich zuständigen Jugendhilfeträger voraus; diese ist dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zusammen mit dem Antrag auf Förderung, bei Anträgen im Jahr 2010 spätestens bis zum 31. Dezember 2010, vorzulegen.
Veränderungen, die zum Wegfall der Förderung führen können, teilt der Träger der sozialen Beratungsstelle dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung unverzüglich mit.
2.3 Strukturqualität
2.3.1 Anzahl der Fachkräfte Integrierte Erziehungs- und Familienberatungsstellen sind mit insgesamt mindestens drei Fachkraftstellen (Vollzeitäquivalente) zu besetzen. Für jedes der weiteren in Nummer 1 aufgeführten Beratungsangebote (Erziehungsberatung, Ehe-, Familien- und Lebensberatung und Suchtberatung) sind mindestens zwei Fachkraftstellen (Vollzeitäquivalente) zu besetzen, die dem jeweiligen Beratungsangebot zur Verfügung stehen. Kurzfristige Unterschreitungen der personellen Mindestbesetzung führen nicht zum Wegfall der Förderung.
2.3.2 Multiprofessionelle Teams und Qualifikationen
In den sozialen Beratungsstellen arbeiten Fachkräfte unterschiedlicher Fachrichtungen in multiprofessionellen Teams zusammen. Dies sind besonders:
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staatlich anerkannte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter mit Diplom, Bachelor oder einem vergleichbaren Abschluss (FH),
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staatlich anerkannte Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen mit Diplom, Bachelor oder einem vergleichbaren Abschluss (FH),
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Pädagoginnen und Pädagogen mit Diplom, Bachelor, Master oder einem vergleichbaren Abschluss,
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Psychologinnen und Psychologen mit Diplom, Bachelor, Master oder einem vergleichbaren Abschuss,
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approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und
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andere Personen, die aufgrund ihrer spezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten mit Schwerpunkt Beratung für die Beratungstätigkeit besonders geeignet sind.
In der Erziehungsberatung muss eine Fachkraftstelle (Vollzeitäquivalent) mit einer Psychologin oder einem Psychologen mit Diplom oder Master oder mit einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten besetzt werden. Diese Fachkraft muss Erfahrung in der Erziehungsberatung aufweisen.
Die Fachkräfte in den Integrierten Erziehungs- und Familienberatungsstellen sowie in der Erziehungsberatung und der Ehe-, Familien- und Lebensberatung müssen sich in ihrem Arbeitsfeld fort- und weiterbilden. In der Suchtberatung muss mindestens eine der Fachkräfte über eine spezifische Weiterbildung verfügen. In der sozialen Beratungsstelle soll interkulturelle und geschlechtsspezifische Beratungskompetenz vorhanden sein. Bei Bedarf sind zusätzliche Fachkräfte hinzuzuziehen.
2.3.3 Zugangsmöglichkeiten
Die sozialen Beratungsstellen sind für den Zugang von Ratsuchenden durch den Ausbau von „Geh-Strukturen” zu öffnen. In der Konzeption nach Nummer 2.2 Abs. 1 sind besonders folgende Punkte zu regeln:
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Öffnungszeiten mit Abend- und Wochenendsprechzeiten,
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sonstige Erreichbarkeit (zum Beispiel per Telefon und Internet),
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Umsetzung der Sozialräumlichkeit,
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Zeitraum bis zur Erstberatung nach Kontaktaufnahme und
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Zugang zur kurzfristigen Beratung in Not- und Krisensituationen.
Die Träger von sozialen Beratungsstellen gestalten ihre Angebote so weit wie möglich barrierefrei im Sinne des Landesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen vom 16. Dezember 2002 (GVBL. S. 481, BS 87-1) in der jeweils geltenden Fassung. Bei allen Neu-, Um- oder Erweiterungsbauten sowie bei neu angemieteten Räumen sind die Grundsätze des barrierefreien Bauens zu berücksichtigen. Bei bestehenden Gebäuden und bei bereits gemieteten Räumen werden Übergangslösungen umgesetzt. Abweichungen können zugelassen werden, wenn die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.
In der Konzeption nach Nummer 2.2 Abs. 1 werden Maßnahmen zur Umsetzung von Barrierefreiheit festgelegt und mit den zuständigen kommunalen Beiräten und Beauftragten für behinderte Menschen oder den regional tätigen Verbänden behinderter Menschen abgestimmt.
Die Beratung ist für Ratsuchende unentgeltlich.
2.3.4 Kooperation und Vernetzung
Die soziale Beratungsstelle kooperiert mit der zuständigen kommunalen Gebietskörperschaft (zum Beispiel mit dem Jugendamt oder dem Sozialamt) sowie mit anderen in Betracht kommenden Leistungsträgern, Diensten und Einrichtungen. Die sozialen Beratungsstellen sind verpflichtet, sich aktiv an den lokalen Netzwerken nach § 3 des Landesgesetzes zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit (LKindSchuG) vom 7. März 2008 (GVBL. S. 52, BS 216-6) in der jeweils geltenden Fassung zu beteiligen.
2.3.5 Dokumentationspflicht
Die Leistungen der sozialen Beratungsstellen sind zu dokumentieren. Für die Integrierten Erziehungs- und Familienberatungsstellen sowie für die Erziehungsberatung und die Ehe-, Familien- und Lebensberatung ist die Teilnahme am landesweiten Berichtswesen zu den Hilfen zur Erziehung verpflichtend. Für die Dokumentation der Suchtberatung ist der Deutsche Kerndatensatz zur Dokumentation im Bereich der Suchtkrankenhilfe verbindlich.
2.3.6 Datenschutz
Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind zu beachten.
2.4 Beteiligung der kommunalen Gebietskörperschaften Die Landesförderung setzt voraus, dass die sozialen Beratungsstellen von den örtlich zuständigen Jugend- oder Sozialhilfeträgern, auf die sich ihr Einzugsbereich erstreckt, in angemessenem und ausreichendem Umfang finanziell gefördert werden.
3 Umfang der Landesförderung
3.1 Art und Höhe der Förderung
Für die Fachkräfte in den Integrierten Erziehungs- und Familienberatungsstellen sowie in der Erziehungsberatung und der Ehe-, Familien- und Lebensberatung wird im Rahmen einer Projektförderung als Anteilfinanzierung zu den angemessenen und tatsächlich entstandenen Kosten des Fachpersonals (Fachpersonalkosten) eine Zuwendung in Höhe von bis zu 25 v.H. und für die Fachkräfte in den Suchtberatungsstellen in Höhe von bis zu 32 v.H. gewährt.
3.2 Zuwendungsfähigkeit
Zuwendungsfähig sind folgende angemessene Fachpersonalkosten:
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Leistungen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) oder nach entsprechenden Vergütungssystemen sowie das Entgelt für Praktikantinnen und Praktikanten,
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Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung nach den gesetzlichen Vorschriften,
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Arbeitgeberanteil zur zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung,
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Honorare für Fachkräfte, die von der sozialen Beratungsstelle zur fachlichen Ergänzung herangezogen werden, bis zur Höhe von 5.000 Euro pro soziale Beratungsstelle und Jahr und
-
Aufwendungen für die Fortbildung und Supervision in Höhe von bis zu 1 v.H. der sonstigen zuwendungsfähigen Fachpersonalkosten.
4 Verfahren der Förderung
4.1 Allgemeines
Für die Beantragung, Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendungen sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung, für die Aufhebung des Zuwendungsbescheids und die Erstattung der gewährten Zuwendung gelten die Bestimmungen zu § 44 Abs. 1 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung vom 20. Dezember 2002 (MinBl. 2003 S. 22, 324) in der jeweils geltenden Fassung, soweit nachfolgend keine abweichenden oder ergänzenden Regelungen getroffen sind.
4.2 Besondere Förderbestimmungen
Der Antrag für das laufende Jahr und der Verwendungsnachweis für das Vorjahr sind bis zum 1. April beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung nach Formblatt einzureichen. Dem Antrag ist eine fachliche Stellungnahme des örtlich zuständigen Jugend- oder Sozialhilfeträgers beizufügen, in der die Förderungsvoraussetzungen (Nummer 2) bestätigt werden.
Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung stellt bis zum 1. November eines jeden Jahres die Höhe der Landesförderung nach Nummer 3.1 verbindlich fest. Hierzu teilen die Träger der sozialen Beratungsstellen dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung Veränderungen der im Antrag eingesetzten Fachpersonalkosten bis zum 30. September des Jahres mit. Später eingehende Mitteilungen führen grundsätzlich nicht mehr zu einer Veränderung des festgesetzten Förderungsbetrags im laufenden Jahr. Die Rückforderung von Zuwendungen bei den Trägern der sozialen Beratungsstellen infolge zu hoch angesetzter Fachpersonalkosten bleibt hiervon unberührt. Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zahlt die Zuwendung in zwei Raten. Eine Abschlagszahlung wird unverzüglich nach Eingang des Antrags, spätestens bis zum 30. April des Jahres, geleistet. Die zweite Rate wird unverzüglich nach der verbindlichen Feststellung der Höhe der Landesförderung ausgezahlt.
Die Aufnahme einer sozialen Beratungsstelle in die Förderung kann jeweils nur mit Wirkung zum 1. Januar eines Jahres erfolgen. Eine rückwirkende Förderung ist ausgeschlossen. Beabsichtigt ein Träger, eine soziale Beratungsstelle neu zu errichten oder eine bestehende Beratungsstelle personell zu erweitern oder so auszustatten, dass sie dieser Verwaltungsvorschrift entspricht, zeigt er dies dem örtlich zuständigen Jugend- oder Sozialhilfeträger sowie dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung möglichst frühzeitig an.
Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung achtet bei der Prüfung des Verwendungsnachweises auf die Einhaltung des Besserstellungsverbots, besonders auf die Eingruppierung bei den geltend gemachten Fachpersonalkosten.
5 Zulassung von Abweichungen
Das fachlich zuständige Ministerium kann, wenn die örtlichen Gegebenheiten oder spezielle Aufgabenstellungen der sozialen Beratungsstellen das erfordern, im Einzelfall Abweichungen von der Verwaltungsvorschrift zulassen.
6 Inkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2010 in Kraft. Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen vom 28. November 1995 (933 – 75 501) – GAmtsbl. 1996 S. 32; MinBl. 2007 S. 618 (MinBl. 1996 S. 193) – ist nicht mehr anzuwenden.
Anlage 1
Rahmenleistungsbeschreibung der Integrierten Erziehungs- und Familienberatung, der Erziehungsberatung sowie der Ehe-, Familien- und Lebensberatung
Bei der folgenden Beschreibung handelt es sich um die Regelangebote einer Integrierten Erziehungs- und Familienberatung, Erziehungsberatung sowie Ehe-, Familien- und Lebensberatung. Die Beschreibung ist nicht abschließend. Die konkreten Aufgaben der Beratungsstellen orientieren sich nach Art und Umfang an den örtlichen Bedarfen, die im Rahmen der Jugendhilfeplanung beschrieben werden sowie an den Voraussetzungen in den Beratungsstellen.
Die Beratungsstellen erbringen besonders Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch. Ihr Leistungsspektrum umfasst neben der Einzelfallberatung auch Prävention als einzelfallübergreifende Leistung sowie Kooperation und Vernetzung.
Für die Integrierte Erziehungs- und Familienberatung sowie die Erziehungsberatung werden die Leistungen in Entgelt- und Leistungsvereinbarungen zwischen dem Träger der Beratungsstelle und dem örtlich zuständigen Jugendhilfeträger festgelegt.
I. Einzelfallberatung
Beratung und Unterstützung zur Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme (§ 28 SGB VIII) Im Bereich der Hilfen zur Erziehung leisten die Beratungsstellen Erziehungsberatung. Sie sind Ansprechpartner für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Beratung nach § 28 SGB VIII dient der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie stärkt die erzieherische Verantwortung und Kompetenz von Eltern und weiteren, an der Erziehung beteiligten Personen. Wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist oder Verhaltenskonflikte sowie innerfamiliäre Beziehungsprobleme und Konflikte aufgetreten sind, geben die Beratungsstellen Hilfestellungen in Form von klärenden und beratenden pädagogischen und psychologischen Leistungen. Die Beratungsstellen wirken im Einzelfall bei der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII mit. Die Beratung nach § 28 SGB VIII richtet sich – sofern die Notwendigkeit der Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen gegeben ist – auch an junge Volljährige (§ 41 SGB VIII). Beratungsstellen beraten auch bei Hilfen nach den §§ 32 bis 34 SGB VIII die Eltern und anderen Erziehungsberechtigten in den Herkunftsfamilien mit dem Ziel der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie und der Klärung von Rückkehroptionen.
Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17 SGB VIII)
Eine funktionierende partnerschaftliche Beziehung hat Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Mütter und Väter werden in Fragen der Partnerschaft zur Verbesserung der Beziehung sowie im Falle von Trennung und Scheidung zur verantwortlichen Wahrnehmung ihrer Elternschaft beraten und unterstützt.
Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts (§ 18 SGB VIII)
Kindern und Jugendlichen werden Hilfestellungen zur Förderung und Sicherung ihrer Kontakte zu wichtigen Personen in ihrem Umfeld gegeben. Mütter, Väter und andere Umgangsberechtigte werden bei der Wahrnehmung eines kindorientierten und einvernehmlichen Umgangs unterstützt.
Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§ 8a SGB VIII)
Die Beratungsstellen beraten Kinder und Jugendliche in Not- und Konfliktlagen (§ 8 Abs. 3 SGB VIII). Sie tragen durch einzelfallbezogene und fallübergreifende Maßnahmen dazu bei, dass junge Menschen befähigt werden, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen. Ebenfalls tragen sie in der Beratung und in fallübergreifenden Maßnahmen dazu bei, dass Eltern und andere
Erziehungsberechtigte besser befähigt werden, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen.
Geeignete Maßnahmen bei der Sicherstellung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen (§ 8a SGB VIII) sind mit den örtlich zuständigen Jugendämtern zu regeln.
Angebote der Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII)
Die Beratungsstellen bieten Müttern, Vätern, anderen Erziehungsberechtigten und jungen Menschen Leistungen im Rahmen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie an. Diese sollen dazu beitragen, dass Mütter, Väter und andere Erziehungsberechtigte ihre Erziehungsverantwortung besser wahrnehmen können. Zu solchen Leistungen zur Förderung der Erziehung in der Familie zählen auch Angebote der Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen.
Die Angebote der Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen können auch im Rahmen der Prävention erbracht werden.
Mitwirkung in Familiengerichtsverfahren
Die Beratungsstellen wirken bei der Beratung von Eltern in Kindschaftssachen bei Trennung und Scheidung mit (§ 156 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Diese Beratung kann durch das Gericht angeordnet werden. Die Beratungsstellen unterstützen die Beteiligten bei der Entwicklung einvernehmlicher Konzepte für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung unter Berücksichtigung des Kindeswohls.
II. Prävention
Präventive Leistungen nach § 16 SGB VIII sind in der Regel einzelfallübergreifend. Sie können sich sowohl an Mütter, Väter und Kinder als auch an Fachkräfte anderer pädagogischer Institutionen (zum Beispiel Kindertagesstätten, Schulen und Familienbildungsstätten) richten. Ziel der präventiven Leistungen ist die zielgruppenspezifische Informationen und Vermittlung von Kenntnissen über relevante Themen der Beratungsstellen. Die präventiven Aktivitäten finden in der Regel als Gruppenangebote statt und können entweder in der Beratungsstelle oder auch außerhalb – auch integriert in die Angebote anderer pädagogischer Institutionen – durchgeführt werden.
Zur Prävention kann auch der erzieherische Kinder- und Jugendschutz nach § 14 SGB VIII gehören. Die Beratungsstellen unterstützen dabei sowohl junge Menschen als auch Eltern. Ziel ist, die Beteiligten dabei zu unterstützen, Gefährdungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
III. Kooperation und Vernetzung
Kooperation und Vernetzung sind einzelfallübergreifende Leistungen. Sie zielen zum einen auf einen fachlichen Austausch und die qualifizierte Zusammenarbeit mit den relevanten Einrichtungen und Diensten besonders aus der Kinder- und Jugendhilfe, der Schule sowie der Gesundheitshilfe und zum anderen auf die bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Hilfesystems. Die Beratungsstellen kooperieren mit den örtlich zuständigen Jugendämtern. Kooperations- und Vernetzungsaktivitäten dienen auch dazu, die Leistungen der Beratungsstellen im Sozialraum bekannt zu machen, um damit im Einzelfall eine schnellere und gezieltere Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Diensten zu ermöglichen. Die Beratungsstellen arbeiten aktiv an den lokalen Netzwerken nach § 3 des Landesgesetzes zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit mit. In regionalen Arbeitskreisen zu Trennung und Scheidung kooperieren die Beratungsstellen mit den beteiligten Professionen.
IV. Qualitätssicherung
Die Beratungsstellen sichern die Qualität ihrer Arbeit. Fallberatungen werden dokumentiert. Fälle werden im Team besprochen. Die Beratungsstellen beteiligen sich an dem landesweiten Berichtswesen zu den Hilfen zur Erziehung. Die Leitungs- und Fachkräfte in den Beratungsstellen nehmen regelmäßig an Fort- und Weiterbildungen sowie Supervision teil.
Die Beratungsstellen sind niedrigschwellig erreichbar und arbeiten multidisziplinär. Der Schutz des Privatgeheimnisses ist sicherzustellen.
Anlage 2
Rahmenleistungsbeschreibung der Suchtberatungsstellen
Bei der folgenden Beschreibung handelt es sich um die Regelangebote einer Suchtberatungsstelle. Der Angebotsumfang orientiert sich an den örtlichen Erfordernissen und Ressourcen.
Allgemeine Leistungen
Suchtberatungsstellen halten Information, Beratung, Hilfen und Unterstützung für suchtgefährdete und für suchtkranke Menschen, deren Angehörige sowie für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und andere Interessierte vor. Die Suchtberatungsstellen sind in der Region zentrale Anlauf- und Koordinierungsstellen für alle Fragen zum Themenbereich Sucht und Abhängigkeit.
Aufklärung und Information
Vermittlung von Basiswissen zum Thema Sucht und Abhängigkeit sowie Information über die Angebote der Suchtkrankenhilfe an interessierte Einzelpersonen, Gruppen, Institutionen und Organisationen und Schulung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.
Prävention
Durchführung und Unterstützung von und Beteiligung an Maßnahmen und Projekten der Suchtprävention, die darauf zielen, der Entstehung substanz- und verhaltensbezogener Störungen vorzubeugen. Das Konzept einer umfassenden Suchtprävention zielt auf alle Altersgruppen, besonders aber auf Kinder, Jugendliche und Gefährdete und umfasst massenkommunikative Maßnahmen, personalkommunikative Maßnahmen und flankierende Maßnahmen der Gesundheits- und Lebenskompetenzförderung besonders im Bereich der Frühintervention bei riskantem Konsumverhalten.
Netzwerkarbeit
Kommunikation, Abstimmung und Kooperation mit den in der Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe in der Region tätigen Institutionen und Angeboten sowie mit anderen Hilfesystemen (zum Beispiel Jugendhilfe, Schulen und Angebote der beruflichen Integration). Unterstützung der und Zusammenarbeit mit der Suchtkrankenselbsthilfe. Kooperation mit den Leistungs- und Kostenträgern, besonders mit dem Jugend- und dem Sozialamt, den Arbeitsgemeinschaften nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, den Krankenkassen und der Rentenversicherung.
Kontaktaufnahme
Angebote der alternativen Kontaktaufnahme (zum Beispiel offene Sprechstunde, Tagestreffpunkte, Hausbesuche, Streetwork, aufsuchende Arbeit im Krankenhaus und in anderen in Betracht kommenden Einrichtungen und sonstige Formen des niedrigschwelligen Zugangs zu den Angeboten der Suchtberatungsstelle) sowie klassische „Komm-Strukturen” in der Beratungsstelle nach Terminvergabe.
Beratung, Vermittlung und Begleitung sowie Teilhabeplanung
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Einzel- und Gruppenangebote zur Weitergabe spezifischer Informationen über Sucht, suchtspezifische gesundheitliche Fragen, Konsum und co-abhängiges Verhalten bei Angehörigen und Vermittlung von Orientierungshilfen,
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Motivationsarbeit (Prüfung der Veränderungsbereitschaft und Förderung der Änderungsmotivation),
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psychosoziale Diagnostik und Erarbeitung eines Teilhabeplans,
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Beteiligung an der Teilhabekonferenz,
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problemorientierte psychosoziale Beratung,
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Krisenintervention, Kurzintervention und Rückfallprophylaxe,
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psychosoziale Betreuung Drogenabhängiger in einer Substitutionsbehandlung,
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Vorbereitung von weiterführenden Behandlungs- und Hilfemaßnahmen und Vermittlung in diese Maßnahmen sowie begleitende und nachgehende Betreuung nach Abschluss dieser Maßnahmen,
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Unterstützung bei der sozialen (Re-)Integration (Wohnen, Schulden, Tagesstruktur und weitere Aufgabenfelder),
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Unterstützung bei der schulischen und beruflichen Qualifikation sowie bei der beruflichen (Re-)Integration und
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Angehörigenarbeit, Beratung zum Erkennen und Vermeiden co-abhängigen Verhaltens.
Qualitätssicherung
Dokumentation nach dem Deutschen Kerndatensatz zur Dokumentation im Bereich der Suchtkrankenhilfe, Jahresberichte, regelmäßige Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Teilnahme an externer Supervision, Durchführung eines internen Qualitätsmanagements und Öffentlichkeitsarbeit.