Richtlinie
Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Investitionen zur Bewältigung des Strukturwandels und Sicherung der Beschäftigung im Zuge der Beendigung der Verstromung von Steinkohle am Standort Wilhelmshaven (RL Strukturhilfen WHV)
Erl. d. MB. v. 31.8.2022 – 102-06025 –
– VORIS 28010 –
[geändert durch Erl. d. MB. v. 30.11.2023 – 102-06025 –
– VORIS 28010 –]
1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft und zur Förderung wirtschaftlichen Wachstums unterstützt der Bund das Land Niedersachsen im Rahmen seiner Zuständigkeit und stellt ihm bis einschließlich 2038 finanzielle Mittel für den Steinkohlekraftwerkstandort Wilhelmshaven zur Verfügung. Das Land gewährt diese Mittel zur Verbesserung der räumlich-strukturellen Entwicklung des Steinkohlekraftwerkstandortes Wilhelmshaven nach Maßgabe dieser Richtlinien und der VV/VV-Gk zu § 44 LHO als Zuwendungen. Zweck der Förderung sind die Bewältigung des Strukturwandels und Sicherung der Beschäftigung im Zuge der Beendigung der Verstromung von Steinkohle im Fördergebiet.
1.2 Die Gewährung der Zuwendungen erfolgt gemäß den Regelungen
a) des InvKG,
b) der Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung der Strukturhilfen gemäß Kapitel 2 des Investitionsgesetzes Kohleregionen vom 9.8.2021 (Verwaltungsvereinbarung),
c) der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen (ANBest-Gk, ANBest-P),
d) der Vereinbarung über die Umsetzung des Strukturwandels im Zuge des Kohleausstiegs und zur Durchführung der Strukturhilfen gemäß Kapitel 2 des Investitionsgesetzes Kohleregionen in Wilhelmshaven vom 21.12.2021 (Umsetzungsvereinbarung),
e) der beihilferechtlichen Bestimmungen (siehe Anlage),
in der jeweils geltenden Fassung.
1.3 Fördergebiet ist die Stadt Wilhelmshaven. Strukturhilfemaßnahmen in den unmittelbar angrenzenden Gemeinden und Gemeindeverbänden können gefördert werden, sofern diese Maßnahmen geeignet sind, den Förderzweck zu erreichen und im Einvernehmen mit den betroffenen Gebietskörperschaften durchgeführt werden.
1.4 Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Der Bund stellt dem Land Fördermittel in drei Förderperioden zur Verfügung:
- Förderperiode 1: 2021 bis 2026,
- Förderperiode 2: 2027 bis 2032,
- Förderperiode 3: 2033 bis 2038.
2. Gegenstand der Förderung
2.1 Die Zuwendung wird für Investitionen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Infrastruktur insbesondere in folgenden Bereichen gewährt:
2.1.1 wirtschaftsnahe Infrastruktur, insbesondere Erwerb und Herrichtung von Flächen für Unternehmen sowie die energetische Sanierung von infolge des Ausstiegs aus der Kohleverstromung zur Verfügung stehenden Gebäuden zur Nachnutzung,
2.1.2 Verkehr, insbesondere zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden sowie Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, im Rahmen des öffentlichen Personennahverkehrs,
2.1.3 öffentliche Fürsorge zur Verbesserung wirtschaftsbezogener Standortbedingungen, insbesondere Ausbau von Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Investitionen in die Gesundheits- und Kultureinrichtungen sowie altersgerechter Umbau und Barriereabbau,
2.1.4 Städtebau, Stadt- und Regionalentwicklung,
2.1.5 Digitalisierung, Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur,
2.1.6 touristische Infrastruktur,
2.1.7 Infrastrukturen für Forschung, Innovation und Technologietransfer sowie ergänzende betriebliche Aus- und Weiterbildung,
2.1.8 Klima- und Umweltschutz einschließlich Investitionen zur energetischen Sanierung von Infrastrukturen, zur Bodensanierung und zum Lärmschutz,
2.1.9 Naturschutz und Landschaftspflege, insbesondere Maßnahmen zur Renaturierung und Umgestaltung ehemaliger Tagebauflächen sowie zu deren Aufforstung; die Verpflichtungen des Unternehmers nach Bergrecht bleiben unberührt.
2.2 Förderfähig sind auch Investitionen, bei denen sich die öffentliche Verwaltung zur Erledigung der von ihr wahrzunehmenden Aufgabe über den Lebenszyklus des Vorhabens eines Privaten im Rahmen einer vertraglichen Zusammenarbeit bedient. Dabei kann sie dem privaten Vertragspartner für die Ausgaben des Vorhabens eine einmalige Vorabfinanzierung gewähren als Öffentlich Private Partnerschaft (Vorabfinanzierungs-ÖPP).
2.3 Von der Förderung ausgeschlossen sind:
2.3.1 bei wirtschaftsnaher Infrastruktur Investitionen für öffentliche Verkehrswege,
2.3.2 Verkehrsinvestitionen im Bereich von Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen,
2.3.3 nicht investive Maßnahmen. Eine Förderung über andere Bundesprogramme ist möglich.
3. Zuwendungsempfänger
3.1 Zuwendungsempfänger sind die Stadt Wilhelmshaven, ebenso die unmittelbar angrenzenden Gemeinden Sande, Schortens, Wangerland und der Landkreis Friesland.
3.2 Juristische Personen, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, können mit kommunalen Trägern gleichbehandelt werden, wenn die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt sind und dies vom Finanzamt anerkannt ist. Träger können auch juristische Personen sein, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind, oder öffentliche Aufgaben in einem der unter Nummer 2 genannten Förderbereiche erfüllen. Die Zuwendungsempfänger können sich bei der Umsetzung des Vorhabens im Rahmen einer geeigneten Rechtsbeziehung eines Privaten bedienen.
Sofern beim Träger Gewerbebetriebe beteiligt sind, muss der Anteil der kommunalen und/oder steuerbegünstigten Beteiligten überwiegen. In diesem Fall ist eine Besicherung eventueller Haftungs- oder Rückforderungsansprüche in geeigneter Form vorzusehen. Bei der Auswahl der Gewerbebetriebe sind die vergabe- und beihilferechtlichen Vorschriften zu wahren.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
4.1 Der Antrag ist förderfähig, wenn er vollständig sowie formgerecht eingereicht wurde, die Gesamtfinanzierung des Projekts gesichert ist und eine einvernehmliche Entscheidung des Runden Tisches gemäß Umsetzungsvereinbarung (siehe Nummer 1.2 Buchst. d) getroffen wurde.
Förderfähig sind nur Vorhaben, die zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht begonnen worden sind und für die angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nach den Anforderungen des § 7 LHO durchgeführt wurden.
4.2 Für die Beurteilung der Förderwürdigkeit der Anträge soll die Bewilligungsbehörde folgende Qualitätskriterien zugrunde legen:
4.2.1 Schaffung und Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen im Fördergebiet,
4.2.2 Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur und Verbesserung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts im Fördergebiet,
4.2.3 Nutzbarkeit der Investitionen unter Berücksichtigung künftiger demografischer Entwicklungen,
4.2.4 Vereinbarkeit der Investitionen mit den Nachhaltigkeitszielen im Rahmen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie.
4.3 Zuwendungen werden nur für zusätzliche Investitionen gewährt (Zusätzlichkeit). Eine Investition ist nicht zusätzlich, wenn ihre Finanzierung Bestandteil eines bereits beschlossenen Haushalts ist.
5. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
5.1 Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Form einer Anteilfinanzierung zur Projektförderung gewährt.
5.2 Die Höhe der Zuwendung beträgt bis zu 90% der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben.
Zuwendungsfähig sind Ausgaben, die beim Antragsteller durch das Vorhaben ausgelöst werden und ihm ohne das Vorhaben nicht entstehen würden. Dazu gehören auch Ausgaben für Architekten- und Ingenieurleistungen für Planung und Projektsteuerung (Baunebenkosten) einschließlich vorbereitender Machbarkeitsstudien. Ausgaben für den Erwerb von Flächen nach Nummer 2.1.1 sind mit höchstens 10% der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben zuwendungsfähig.
In begründeten Ausnahmefällen kann davon abgewichen werden.
Die Umsatzsteuer ist zuwendungsfähig, soweit der Antragsteller nicht zum Abzug der Vorsteuer berechtigt ist.
Nicht zuwendungsfähig sind Ausgaben der Geldbeschaffung und Zinsen, die bei einer Kreditaufnahme zur Beschaffung des Eigenanteils oder bei einer Vor- oder Zwischenfinanzierung entstehen, auch für Leasing/Mietkauf sowie Personal- und Sachausgaben des Projektträgers.
5.3 Projekte mit einem Zuwendungsbedarf von weniger als 50.000 EUR werden nicht gefördert. In begründeten Ausnahmefällen kann davon abgewichen werden.
5.4 Die Vorhaben dürfen nicht gleichzeitig nach anderen Gesetzen und Verwaltungsvereinbarungen nach den Artikeln 91 a, 91 b, 104 b oder 104 c GG oder durch andere Förderprogramme des Bundes gefördert werden. Der nach § 6 Abs. 3 der Verwaltungsvereinbarung bestimmte Finanzierungsanteil an der öffentlichen Finanzierung darf nicht durch EU-Mittel oder Mittel des Bundes ersetzt werden.
6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1 Die Zweckbindungsfrist beträgt für bauliche Anlagen 15 Jahre, bei Ausstattungen und Geräten 5 Jahre. Der Zeitraum beginnt mit Vorlage des Verwendungsnachweises und endet zum 31. Dezember des letzten Jahres der Zweckbindungsfrist.
6.2 Die Bewilligungsbehörde gibt dem Zuwendungsempfänger auf, auf die Förderung, z.B. auf Bauschildern und nach Fertigstellung, in geeigneter Weise hinzuweisen.
6.3 Die Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofs nach Artikel 114 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. § 91 Abs. 1 Nr. 5 BHO sowie die Prüfrechte des LRH i.S. des § 91 LHO bleiben unberührt.
7. Anweisungen zum Verfahren
7.1 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV/VV-Gk zu § 44 LHO, soweit nicht in diesen Richtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.
7.2 Bewilligungsbehörde ist das für das Fördergebiet zuständige ArL Weser-Ems.
7.3 Antragsvordrucke werden in elektronischer Form von der Bewilligungsbehörde auf deren Internetseite zum Download angeboten. Anträge auf Zuwendung sind nur in schriftlicher Form zugelassen.
7.4 Die Bewilligungsbehörde stellt die Prüfung und Dokumentation aller Bewilligungsvoraussetzungen sicher. Sie stellt insbesondere sicher, dass die Vorgaben des Europäischen Beihilferechts auf allen Ebenen der Förderung sowie im Hinblick auf sämtliche mögliche Begünstigte vor Bewilligung der Zuwendungen vorliegen.
7.5 Zur Erfüllung der in der Verwaltungsvereinbarung (siehe Nummer 1.2 Buchst. b) festgeschriebenen Regelungen gegenüber dem Bund ergeben sich folgende Melde- und Berichtspflichten der Bewilligungsbehörde gegenüber dem MB:
7.5.1 Die Bewilligungsbehörde übersendet dem MB eine Übersicht der geprüften förderfähigen Anträge mit Angaben zum Fördergegenstand, zum Träger des Vorhabens, zu den Investitionskosten sowie zu den Förderbeträgen.
7.5.2 Jährlich jeweils zum 1. Juni legt die Bewilligungsbehörde dem MB einen Bericht vor, in dem die Zusätzlichkeit der Investitionen für jedes geförderte Vorhaben dargestellt ist.
7.5.3 Die Bewilligungsbehörde übersendet dem MB jeweils zum 1. Juni eines Jahres eine zusammenfassende Liste der Vorhaben zum Stand 31. März des Jahres und jeweils zum 1. Dezember eines Jahres eine zusammenfassende Liste der Vorhaben zum Stand 30. September des Jahres jeweils differenziert nach deren Status (beantragt, bewilligt oder abgeschlossen) mit Angaben über die Anzahl der Projekte, die Höhe des Investitionsvolumens, die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme, die Höhe der Beteiligung des Bundes an der öffentlichen Finanzierung für den jeweiligen Finanzplanzeitraum nach Jahresfälligkeiten aufgeschlüsselt und die Höhe der Finanzierungsbeiträge Dritter.
7.5.4 Die Bewilligungsbehörde übersendet dem MB jeweils zum 1. Februar und 1. September eines Jahres – erstmals zum 1.9.2022 – je eine Übersicht über die abgeschlossenen Vorhaben des Vorjahres, aus denen sich die zweckentsprechende Mittelverwendung ergibt.
Die Übersichten enthalten folgende Angaben:
- Bestätigung, dass das Vorhaben einem Fördergebiet gemäß § 12 lnvKG zugutekommt,
- Kurzbeschreibung der Maßnahme unter Angabe des Trägers sowie des amtlichen Gemeindeschlüssels,
- Förderbereich gemäß § 7 der Verwaltungsvereinbarung,
- Maßnahmenbeginn und Maßnahmenende,
- Angabe, ob es sich um eine Maßnahme gemäß § 9 Abs. 3 der Verwaltungsvereinbarung handelt,
- Angaben über die Höhe des Investitionsvolumens, der förderfähigen Ausgaben, die Höhe der Beteiligung des Bundes an der öffentlichen Finanzierung und die Finanzierungsbeiträge Dritter,
- Bestätigung, dass die Bestimmungen der Verwaltungsvereinbarung eingehalten sind.
Das MB kann in Einzelfällen weitergehende Nachweise verlangen.
7.5.5 Nach Abschluss aller Maßnahmen, spätestens zum 1.6.2039 übermittelt die Bewilligungsbehörde dem MB eine zusammenfassende Gesamtdarstellung über die geförderten Vorhaben.
7.6 Nicht abgeflossene Mittel können auch noch bis zu drei Jahre nach dem Ende der Förderperioden 1 und 2 gemäß Nummer 1.4 verausgabt und abgerechnet werden, wenn das Projekt in seiner Hauptsache vor dem Ende des Förderzeitraumes beendet wurde.
7.7 Im Jahr 2038 können Fördermittel nur für Projekte nach Nummer 2.1 dieser Richtlinien eingesetzt werden, die bis zum 31.12.2038 vollständig abgenommen und bis zum 31.12.2039 vollständig abgerechnet wurden.
Fördermittel für Projekte nach Nummer 2.2 können bis zum 31.12.2038 beantragt werden, wenn bis zum 31.12.2039 die Abnahme und Abrechnung erfolgt.
8. Schlussbestimmungen
8.1 Dieser Erl. tritt am 31.8.2022 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2039 außer Kraft.
8.2 Staatliche Beihilfen i. S. des Artikels 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der konsolidierten Fassung vom 7.6.2016 (ABl. EU Nr. C 202 S. 47, Nr. C 400 S. 1; 2017 Nr. C 59 S. 1) – im Folgenden: AEUV –, die die Voraussetzungen der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17.6.2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. EU Nr. L 187 S. 1, Nr. L 283 S. 65), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2023/1315 der Kommission vom 23.6.2023 (ABl. EU Nr. L 167 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung – im Folgenden: AGVO – erfüllen, dürfen wegen der Geltungsdauer dieser beihilferechtlichen Rechtsgrundlage nur bis zum 31.12.2026 gewährt werden, soweit nicht eine Anpassung dieses Erl. an die ab dem 1.1.2027 geltende beihilferechtliche Rechtsgrundlage erfolgt ist. Staatliche Beihilfen i. S. des Artikels 107 Abs. 1 AEUV, die die Voraussetzungen der De-minimis-Verordnungen nach den Nummern 1.2 bis 1.8 der Anlage erfüllen, dürfen wegen der Geltungsdauern der in der Anlage dieses Erl. genannten beihilferechtlichen Rechtsgrundlagen nur bis zum 31.12.2023 gewährt werden, soweit nicht eine Anpassung dieses Erl. an die ab dem 1.1.2024 geltende beihilferechtliche Rechtsgrundlage erfolgt ist.
8.2.1 Für Beihilfen nach der AGVO gilt eine Anpassungsperiode von sechs Monaten nach dem Auslaufen der AGVO, mithin bis zum 30.6.2027.