Richtlinie
Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von kommunalen Netzwerken Frühe Hilfen und Maßnahmen zur psychosozialen Unterstützung von Familien mit Säuglingen und Kleinkindern (Richtlinie Frühe Hilfen)
Erl. d. MS v. 16.11.2022 – 306-51019/9-7 –
– VORIS 21132 –
1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien und der VV/VV-Gk zu § 44 LHO Zuwendungen für Maßnahmen zur psychosozialen Unterstützung von belasteten Familien durch spezifische Angebote im Bereich der Frühen Hilfen. Dafür stellt der Bund nach § 3 KKG und der Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarung „Fonds Frühe Hilfen“ Mittel nach einem bestimmten Verteilerschlüssel den Ländern zur Verfügung. Der auf Niedersachsen entfallende Anteil der Bundesmittel wird nach Maßgabe dieser Richtlinien weitergeleitet.
Ziel der Förderung ist der kontinuierliche Ausbau des präventiven Schutzes von Kindern vor Vernachlässigung und Kindeswohlgefährdung.
1.2 Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2. Gegenstand der Förderung
2.1 Gefördert werden Maßnahmen zur Sicherstellung der Netzwerke mit Zuständigkeit für Frühe Hilfen. Förderfähig sind Sach- und Personalausgaben für
2.1.1 den Einsatz von Netzwerkkoordinierenden,
2.1.2 koordinierende Tätigkeiten im Bereich der aufsuchenden Unterstützung,
2.1.3 Qualifizierungen und Fortbildungen der Netzwerkkoordinierenden und Netzwerkpartnerinnen und Netzwerkpartnern,
2.1.4 Dokumentation und Evaluation der Netzwerkprozesse,
2.1.5 Öffentlichkeitsarbeit,
2.1.6 Netzwerktreffen und interdisziplinäre Veranstaltungen.
2.2 Gefördert werden Maßnahmen zur psychosozialen Unterstützung von Familien durch Fachkräfte Früher Hilfen. Förderfähig sind Sach- und Personalausgaben für
2.2.1 den Einsatz von Fachkräften Früher Hilfen sowie anderer Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen (vgl. Nummer 4.4) im Rahmen der aufsuchenden Tätigkeit sowie der Einzelberatung für schwer erreichbare Zielgruppen,
2.2.2 Qualifizierung, Fortbildung, Koordination, Fachberatung und Supervision,
2.2.3 die Teilnahme an der Netzwerkarbeit,
2.2.4 Maßnahmen zur Qualitätssicherung.
2.3 Gefördert werden Angebote von Freiwilligen im Bereich der Frühen Hilfen. Gefördert werden Sach- und Personalausgaben für
2.3.1 Maßnahmen zur Qualitätssicherung für den Einsatz von Freiwilligen,
2.3.2 Koordination und Fachbegleitung der Freiwilligen durch hauptamtliche Fachkräfte,
2.3.3 Schulung und Qualifizierung von Koordinierenden und Freiwilligen,
2.3.4 Fahrtkosten, die beim Einsatz von Freiwilligen entstehen,
2.3.5 die Teilnahme der Koordinierenden sowie der Freiwilligen an der Netzwerkarbeit.
2.4 Gefördert werden Angebote und Dienste an den Schnittstellen der unterschiedlichen Sozialleistungssysteme mit direktem Bezug zu den Frühen Hilfen und Maßnahmen zur strukturellen Einbindung von Akteurinnen, Akteuren und Institutionen im Rahmen der interprofessionellen Zusammenarbeit.
Zu den Maßnahmen im Bereich der Frühen Hilfen nach dieser Nummer gehören insbesondere
- Lotsensysteme für Eltern, die den Systemübergang von Unterstützungsangeboten unterschiedlicher Anbieter ebnen, den Unterstützungsbedarf der Familien möglichst interdisziplinär abklären und in Angebote der Frühen Hilfen vermitteln,
- Maßnahmen der Qualitätssicherung der Angebote sowie Qualifizierung der eingesetzten Fachkräfte an den Schnittstellen der Versorgungssysteme,
- Maßnahmen zur strukturellen Einbindung von Akteurinnen, Akteuren und Institutionen, insbesondere aus dem Gesundheitswesen im Rahmen der interprofessionellen Zusammenarbeit (beispielsweise interprofessionelle Qualitätszirkel),
- Angebote, die einen niedrigschwelligen Zugang für Familien, insbesondere in belasteten Lebenslagen, haben und einen Türöffner zu den Frühen Hilfen darstellen.
2.5 Gefördert werden zusätzliche Maßnahmen zur Erprobung innovativer Angebote und Implementierung erfolgreicher Modelle mit Bezug zu den Frühen Hilfen.
3. Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger (Erstempfänger) sind die örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe (vgl. § 3 Abs. 3 KKG). Sie können die Zuwendungen im Rahmen der VV-Gk Nr. 12 zu § 44 LHO an eine Letztempfängerin oder einen Letztempfänger weiterleiten. Letztempfängerinnen und Letztempfänger sind andere öffentliche, freie oder private Träger oder freiberuflich tätige Einzelpersonen.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
4.1 Zuwendungsvoraussetzung ist das Vorliegen eines aktuellen Konzepts gemäß der jeweils gültigen Standards der Bewilligungsbehörde sowie von Angaben zu dem bisherigen Ausbau im Bereich der Frühen Hilfen und dem jeweiligen Entwicklungsinteresse, den beabsichtigten Förderschwerpunkten, Netzwerkpartnern und den zeitlichen Abläufen der geplanten Maßnahmen. Die Maßnahmen sind an bundeseinheitlichen Qualitätskriterien auszurichten, die in den Leistungsleitlinien der Bundesstiftung Frühe Hilfen zur Umsetzung des Fonds Frühe Hilfen festgeschrieben sind.
4.2 Die in Nummer 2 fallenden Maßnahmen sind ausschließlich solche, die nicht schon am 1.1.2012 bestanden haben, und erfolgreiche modellhafte Ansätze, die als Regelangebot ausgebaut wurden und werden.
4.3 Netzwerke mit Zuständigkeit für Frühe Hilfen nach Nummer 2.1 werden gefördert, wenn
- sie den Vorgaben des § 3 Abs. 2 KKG entsprechen,
- der örtliche Träger der Jugendhilfe bei ihnen eine Koordinierungsstelle mit fachlich qualifizierter Koordination vorhält,
- Qualitätsstandards über eine verlässliche intersektorale Zusammenarbeit im Netzwerk, auch zur konkreten Zusammenarbeit auf der Ebene der Familien, eingehalten werden. Qualitätsstandards sollen schriftlich vereinbart werden,
- regelmäßige Netzwerktreffen koordiniert und durchgeführt werden und
- sie eine partizipative Weiterentwicklung der Angebote der Frühen Hilfen vor Ort unterstützen, orientiert an den Bedarfen der Familien.
Ziele und Maßnahmen der Netzwerkarbeit sollen mit der Jugendhilfeplanung nach § 80 SGB VIII abgestimmt werden, möglichst unter Einbezug der Gesundheits- und Sozialplanung.
4.4 Der Einsatz von in Nummer 2.2 genannten Fachkräften wird gefördert, wenn diese in ein Netzwerk Frühe Hilfen eingegliedert sind und
a) über eine Qualifizierung entsprechend der vom Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) in Zusammenarbeit mit den Ländern erarbeiteten „Mindestanforderungen zur Qualifizierung von Familienhebammen und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pflegern“ verfügen oder eine entsprechende Qualifizierungsmaßnahme aufgenommen haben oder
b) berechtigt sind, die Weiterbildungsbezeichnung „Fachkraft Frühe Hilfen – Familienhebamme“, „Fachkraft Frühe Hilfen – Familienentbindungspfleger“, „Fachkraft Frühe Hilfen – Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin“ oder „Fachkraft Frühe Hilfen – Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger“ zu führen oder eine Qualifizierung hierzu begonnen haben.
Die Kompetenzen der in der gesundheitsorientierten Familienbegleitung (GFB) tätigen Fachkräfte orientieren sich am jeweiligen vom NZFH herausgegebenen Kompetenzprofil.
4.5 Freiwilligenarbeit im Kontext Früher Hilfen nach Nummer 2.3 wird gefördert, wenn sie
- in ein für Frühe Hilfen zuständiges Netzwerk eingebunden ist,
- hauptamtliche Fachbegleitung erhält und
- als Schnittstelle zur professionellen Arbeit und weitergehenden Hilfen dient.
Die Sicherstellung der Netzwerke und ihre Qualitätsentwicklung sowie der Einsatz von Fachkräften Frühe Hilfen sind prioritär.
4.6 Maßnahmen nach Nummer 2.4 werden gefördert, wenn die Sicherstellung der Netzwerke und ihre Qualitätsentwicklung sowie der Einsatz von Fachkräften Frühe Hilfen gewährleistet sind. Diese Maßnahmen und das Vorliegen der genannten Voraussetzungen sind der Bewilligungsbehörde gesondert darzulegen.
4.7 Modellhafte und innovative Maßnahmen im Bereich der Frühen Hilfen nach Nummer 2.5 werden gefördert, wenn die Sicherstellung der Netzwerke und ihre Qualitätsentwicklung sowie der Einsatz von Fachkräften Frühe Hilfen gewährleistet sind. Diese Maßnahmen und das Vorliegen der genannten Voraussetzungen sind der Bewilligungsbehörde gesondert darzulegen.
Maßnahmen nach Nr. 2.5 müssen die Voraussetzungen des bundesweiten Interesses und der überregionalen Bedeutung erfüllen.
5. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
5.1 Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Form einer Festbetragsfinanzierung zur Projektförderung gewährt.
5.2 Die Höhe der auf die Zuwendungsempfänger innerhalb Niedersachsens zu verteilenden Mittel ergibt sich aus einer Grundpauschale in Höhe von 20.000 EUR je örtlichem Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie einem spezifischen Verteilerschlüssel, der die Anzahl der unter Dreijährigen im SGB II-Bezug und die Anzahl der unter Dreijährigen insgesamt zugrunde legt.
Die Daten zur Ermittlung des Verteilerschlüssels werden von der Bewilligungsbehörde bei der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit sowie bei der Landesstatistikbehörde abgefragt.
6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Die Erstempfänger gewährleisten, dass die notwendigen Daten zu den geförderten Maßnahmen für die wissenschaftliche Begleitung bereitgestellt werden. Die konkreten Erhebungsgegenstände und Verfahren der Datenerhebung werden unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen in der Steuerungsgruppe der Bundesstiftung Frühe Hilfen festgelegt.
7. Anweisungen zum Verfahren
7.1 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV/VV-Gk zu § 44 LHO, soweit diese Richtlinien nichts anderes bestimmen.
7.2 Bewilligungsbehörde ist das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie – Landesjugendamt – Fachbereich I, Schiffgraben 30–32, 30175 Hannover.
7.3 Anträge sind bei der Bewilligungsbehörde einzureichen. Der zu verwendende Vordruck wird von der Bewilligungsbehörde zur Verfügung gestellt.
7.4 Sofern Zuwendungsmittel an Dritte weitergeleitet werden, stellt der Erstempfänger den Antrag auf Förderung auf der Grundlage der Anträge der Letztempfängerinnen oder Letztempfänger. Der Erstempfänger bestätigt das Vorliegen der Fördervoraussetzungen.
7.5 Die Erstempfänger übersenden der Bewilligungsbehörde innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des jeweiligen Haushaltsjahres einen Verwendungsnachweis über die zweckentsprechende Inanspruchnahme und Verwendung der Mittel zahlenmäßig aufgeschlüsselt nach den einzelnen Förderbereichen.
8. Schlussbestimmungen
Dieser Erl. tritt am 1.1.2023 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2027 außer Kraft.