Richtlinie
Richtlinie zur Förderung von Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen durch Gewährung von Mikrodarlehen in Mecklenburg-Vorpommern
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit
Vom 10. Juni 2022 – V 630 – 00077-2021/008-001 –
VV Meckl.-Vorp. Gl.-Nr. 630 – 412
[zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit
Vom 13. März 2024 – V 310 - V- 630-00077-2021/008-001 –]
Das Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit erlässt im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem Landesrechnungshof folgende Verwaltungsvorschrift:
1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Das Land Mecklenburg-Vorpommern gewährt mit Hilfe des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) nach Maßgabe
a) der einschlägigen Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates
- der Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 159, L 261, S. 58, L 450, S. 158),
- der Verordnung (EU) 2021/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 zur Einrichtung des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1296/2013 (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 21, L 421, S. 75) und
- der Verordnung (EU) 2023/2831 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L, 2023/2831, 15.12.2023),
b) des ESF Plus Programm 2021–2027 Mecklenburg-Vorpommern (CCI-Code 2021DE05SFPR009),
c) des § 44 Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern (LHO) und der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften (VV zu § 44 LHO) und
d) dieser Verwaltungsvorschrift
Zuwendungen zum Zweck der Gründung und Fortführung wirtschaftlich nachhaltiger selbstständiger Existenzen (Mikrodarlehen).
1.2 Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2 Gegenstand der Zuwendung
2.1 Die Zuwendung erfolgt im Kontext eines Gründungsvorhabens vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit und in den ersten 36 Monaten nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit
a) im Zusammenhang mit der Gründung,
b) im Zusammenhang mit der Gründung bei einer Betriebsübernahme.
2.2 Zuwendungen werden für folgende Branchen, Berufe und Tätigkeitsbereiche nicht gewährt:
a) Rechts- und Patentanwälte, Notare, Makler, Wirtschafts- und Buchprüfer sowie rechts, steuer- und wirtschaftsberatende Berufe, Vertreter, Vertriebsbeauftragte, Finanz- und Immobiliendienstleister, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Tierärzte, Berufsbetreuer, Autohändler, Tankstellen sowie
b) gewerbsmäßige Vermittlung von Arbeitskräften.
3 Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger können natürliche Personen sein, die nicht als Gesellschafter von Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften gründen.
4 Zuwendungsvoraussetzungen
4.1 Der Antragsteller muss den Hauptwohnsitz und den zukünftigen Betriebssitz in Mecklenburg-Vorpommern haben.
4.2 Erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten zur Gründung und zum Betreiben eines Unternehmens sind sowohl im Hinblick auf Fachkunde als auch auf Unternehmensführung durch entsprechende Dokumente nachzuweisen.
4.3 Die Gewährung der Zuwendung setzt die Vorlage eines aussagefähigen Unternehmenskonzeptes voraus, aus dem insbesondere eine Darstellung der Marktfähigkeit des Produktes oder der Dienstleistung hervorgeht. Die Beurteilung der Marktfähigkeit kann auch durch eine fachliche Stellungnahme der zuständigen Kammer oder einer geeigneten Institution erfolgen.
4.4 Die angestrebte Selbstständigkeit muss als Vollexistenz und persönlich unabhängig ohne direkte arbeitnehmerähnliche Bindung an einen Auftraggeber ausgestaltet sein.
5 Zuwendungsart, Finanzierungsart, Höhe der Zuwendung
5.1 Die Zuwendung wird im Rahmen einer Projektförderung als Festbetragsfinanzierung in Form einer unbedingt rückzahlbaren Leistung gewährt (Mikrodarlehen). Die Höhe der Zuwendung entspricht der vorhabenbezogenen Finanzierungslücke innerhalb der ersten 12 Monate der beabsichtigten Inanspruchnahme der Zuwendung, höchstens jedoch 25.000 Euro.
5.2 Zur Ermittlung der Finanzierungslücke sind abzugsfähige Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 23. Mai 2022 (BGBl. I S. 760, 767) geändert worden ist, sowie Entnahmen im Sinne von § 4 Absatz 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes zur Sicherstellung der privaten Lebenshaltung zu berücksichtigen.
5.3 Der Zinssatz beträgt für die gesamte Laufzeit des Mikrodarlehens vier Prozent pro Jahr auf die Restschuld.
5.4 Die Finanzierung von Stammkapital einer Kapitalgesellschaft ist von der Zuwendung ausgenommen.
6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1 Die Laufzeit kann bis zu sechs Jahre betragen, davon ein Jahr tilgungsfrei.
6.2 Eine Besicherung durch den Zuwendungsempfänger ist nicht erforderlich.
6.3 Ergibt sich das Erfordernis, die wirtschaftliche Lage des Zuwendungsempfängers neu zu bewerten, so hat der Zuwendungsempfänger alle für die Bewertung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
6.4 Ansprüche aus dem Zuwendungsbescheid dürfen weder abgetreten noch verpfändet werden.
6.5 Der Zuwendungsempfänger ist mit dem Zuwendungsbescheid zu verpflichten, die Informations- und Sichtbarkeitsvorschriften gemäß Artikel 50 der Verordnung (EU) 2021/1060 einzuhalten und auf eine Förderung des Vorhabens durch den ESF+ hinzuweisen.
6.6 Weiterhin ist der Zuwendungsempfänger mit dem Zuwendungsbescheid zu verpflichten, den zuständigen Ministerien, der Bewilligungsbehörde oder einem von diesen beauftragten Dritten auch außerhalb der Verwendungsnachweisprüfung im Rahmen des Begleitsystems für den ESF+ sowie im Rahmen von Forschungs- und Begleitprojekten Auskünfte zu erteilen, die für die Beurteilung des Erfolgs der Zuwendung und für die Beantwortung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen erforderlich sind.
6.7 Mit dem Zuwendungsbescheid sind Prüfrechte für folgende Institutionen vorzusehen:
a) Europäischer Rechnungshof,
b) Europäische Kommission,
c) Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF),
d) Europäische Staatsanwaltschaft,
e) Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern,
f) Prüfbehörde des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den ESF,
g) Gemeinsame Verwaltungsbehörde,
h) ESF-Fondsverwaltung,
i) für die Umsetzung fachlich zuständiges Ministerium sowie
j) für die Umsetzung zuständige Bewilligungsbehörde.
7 Verfahren
7.1 Antragsverfahren
7.1.1 Zuwendungen werden auf schriftlichen Antrag gewährt.
7.1.2 Anträge sind formgebunden bei der GSA – Gesellschaft für Struktur- und Arbeitsmarktentwicklung mbH, Schulstraße 1–3, 19055 Schwerin unter Nutzung des dafür vorgesehenen Formulars als *.xml-Datei zu übermitteln sowie ergänzend schriftlich einzureichen.
7.1.3 Die Antragsformulare werden von der Bewilligungsbehörde auf deren Internetseite unter www.gsa-schwerin.de zur Verfügung gestellt.
7.2 Bewilligungsverfahren
Bewilligungsbehörde ist die GSA – Gesellschaft für Struktur- und Arbeitsmarktentwicklung mbH. Die Bewilligung der Zuwendung erfolgt durch schriftlichen Bescheid der GSA – Gesellschaft für Struktur- und Arbeitsmarkentwicklung mbH.
7.3 Anforderungs- oder Auszahlungsverfahren
Die Zuwendung kann erst ausgezahlt werden, wenn der Zuwendungsbescheid bestandskräftig geworden ist. Durch den Zuwendungsbescheid ist zu bestimmen, dass abweichend von Nummer 5.3.1.2 der VV zu § 44 LHO die Zuwendung auf Mittelanforderung und nach Vorlage des Nachweises der Gewerbeanmeldung oder der Bestätigung des Finanzamtes zur Beantragung einer freiberuflichen Tätigkeit in einer Summe ausgezahlt wird.
7.4 Rückzahlungsverfahren
7.4.1 Die Rückzahlung erfolgt quartalsweise in gleich hohen Raten zwischen dem 13. und dem letzten Monat der Laufzeit des Mikrodarlehens.
7.4.2 Eine vorfällige Rückzahlung der Zuwendung ist ohne Vorfälligkeitsentschädigung möglich.
7.4.3 Für den Fall, dass der Zuwendungsempfänger mit der Rückzahlung in Verzug gerät, ist die Bewilligungsbehörde gemäß § 59 LHO befugt, die Rückzahlungen zu stunden. Für den Fall, dass der Zuwendungsempfänger die Stundungsfrist nicht einhält, kann die Bewilligungsbehörde den ausstehenden Restbetrag in voller Höhe zurückfordern.
7.4.4 Bei Unternehmensaufgabe wird die Restdarlehenssumme sofort fällig.
7.4.5 Die Zinsen sind nach Ablauf des jeweiligen Tilgungszeitraumes innerhalb von zwölf Monaten in vier gleichen Raten quartalsweise fällig.
7.5 Verwendungsnachweisverfahren
Durch den Zuwendungsbescheid ist zu bestimmen, dass
a) die Verwendung der Zuwendung gegenüber der Bewilligungsbehörde nachzuweisen ist (Verwendungsnachweis),
b) der Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung abweichend von Nummer 5.3.6.2 der VV zu § 44 LHO durch Vorlage der Jahresabschlüsse oder der Einnahmen-Überschussrechnungen mit betrieblicher Vermögens- und Schuldenaufstellung für das Jahr oder die Jahre, in denen die Mittel verwendet wurden, nachzuweisen ist,
c) zum Nachweis des Fortbestandes des Unternehmens bis zum Zeitpunkt der vollständigen Tilgung die Jahresabschlüsse oder die Einnahmen-Überschussrechnungen jeweils jährlich bis spätestens zum 30. Juni des Folgejahres vorzulegen sind,
d) sich die Bewilligungsbehörde die Vorlage zusätzlicher Nachweisunterlagen vorbehält.
7.6 Zu beachtende Vorschriften
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 LHO, soweit nicht in dieser Verwaltungsvorschrift Abweichungen zugelassen sind, und das Landesverwaltungsverfahrensgesetz.
8 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2028 außer Kraft. Mit dem Inkrafttreten dieser Verwaltungsvorschrift tritt die Richtlinie zur Förderung von Existenzgründern durch Gewährung von Mikrodarlehen in Mecklenburg- Vorpommern vom 27. Januar 2009 (AmtsBl. M-V S. 96) außer Kraft.