Richtlinie
Billigkeitsrichtlinie des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz zur Gewährung einer Soforthilfe an Einrichtungen im Bereich der Pflege und des Gesundheitswesens sowie der Eingliederungshilfe zur Stärkung der Krisenfestigkeit und Krisenreaktionsfähigkeit kritischer Infrastrukturen (Green-Care-and-Hospital-Soforthilfe-Billigkeitsrichtlinie)
vom 17. Mai 2023
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führt aufgrund der eingetretenen Energieknappheit zu einer Vervielfachung der Energiepreise und zu einer allgemeinen Inflation, die auch für die Einrichtungen im Bereich der Pflege und des Gesundheitswesens sowie der Eingliederungshilfe erhebliche wirtschaftliche Belastungen zur Folge haben. Um einen Rückgang dieser erheblichen Kostensteigerungen zu erreichen, ist es insbesondere erforderlich, den Verbrauch fossiler Brennstoffe zurückzufahren und energiesparende oder energieeffiziente Investitionen vorzunehmen. Die Einrichtungen befinden sich jedoch regelmäßig in einer angespannten finanziellen Situation, die erforderliche Investitionsmaßnahmen nicht zulassen. Es ist allerdings insbesondere im Hinblick auf künftige Krisen- und Katastrophenfälle notwendig, dass derartige Investitionsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung, zum Ausbau und zur Modernisierung kritischer Infrastrukturen in den Bereichen Pflege, Gesundheitswesen und Eingliederungshilfe getroffen werden. Mithin erlässt das Land Brandenburg zur Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung sowie zur Stärkung der Krisenfestigkeit und Krisenreaktionsfähigkeit kritischer Infrastrukturen die vorliegende Billigkeitsrichtlinie.
1 Zweck der Soforthilfe
1.1 Mit der Soforthilfe soll der Fortbestand von Einrichtungen im Bereich der Pflege und des Gesundheitswesens sowie der Eingliederungshilfe angesichts der krisenbedingten Mehraufwendungen als Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nachhaltig gesichert werden. Zur schnellstmöglichen Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung sowie für begleitende Maßnahmen wird den Trägern dieser Einrichtungen eine schnelle finanzielle Hilfe für Investitionen und damit zusammenhängender weiterer Ausgaben gewährt. Hierdurch soll eine erhebliche Verringerung des Einsatzes fossiler Energien erreicht werden.
1.2 Das Land Brandenburg gewährt die Soforthilfe nach § 53 der Landeshaushaltsordnung (LHO) aus Gründen der staatlichen Fürsorge zum Ausgleich von Härten als Billigkeitsleistung. Ein Anspruch der Antragstellenden auf die Gewährung der Billigkeitsleistung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2 Antragsberechtigung
Antragsberechtigt sind alle Träger von
2.1 Krankenhäusern und Schulen für Gesundheitsberufe nach dem Vierten Krankenhausplan des Landes Brandenburg vom 22. Juni 2021 (ABl. S. 620/2) in der jeweils geltenden Fassung,
2.2 Diensten und Einrichtungen der Pflege nach § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, unterstützenden Wohnformen, die selbstverantwortlich im Sinne des § 2 Absatz 2 des Brandenburgischen Pflege- und Betreuungswohngesetzes geführt werden, sowie staatlich anerkannten Pflegeschulen nach § 1 Nummer 15 der Gesundheitsberufeschulverordnung, soweit sie nicht der Regelung des § 2 Nummer 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes unterfallen,
2.3 Angeboten der Eingliederungshilfe, mit deren Trägern der nach § 2 Absatz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zuständige örtliche Träger der Eingliederungshilfe eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach § 125 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geschlossen hat,
im Land Brandenburg.
3 Gegenstand der Soforthilfe
3.1 Die Soforthilfe kann insbesondere für folgende Maßnahmen gewährt werden:
a. Investitionen an Gebäuden, Gebäudekomplexen oder Grundstücken, einschließlich deren Anlagentechnik, sind Gegenstand der Billigkeitsleistung, wenn diese geeignet sind, den Zweck der Richtlinie zu erfüllen. In den Fällen der Nummern 2.2 und 2.3 dürfen nur solche Investitionen bezuschusst werden, die ganz oder überwiegend unmittelbar der pflegerischen Versorgung oder Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe dienen. Bezuschussungsfähig sind ebenfalls Kosten für die Beauftragung Dritter mit der Planung und Vorbereitung der vorgenannten Maßnahmen, einschließlich Kosten für begleitende Beratungen, der Bestätigung nach Nummer 4.1 sowie behördliche Genehmigungsverfahren und daraus resultierende Auflagen.
b. Investitionen für weitere Maßnahmen, soweit sie den Verbrauch anderer Ressourcen senken und dadurch zu einer erheblichen Verringerung des Bedarfs an fossiler Energie führen. Bezuschussungsfähig sind ebenfalls Kosten für die Beauftragung Dritter mit der Planung und Vorbereitung der vorgenannten Maßnahmen, einschließlich Kosten für begleitende Beratungen, sowie behördliche Genehmigungsverfahren und daraus resultierende Auflagen.
c. Kosten für Beratung, Schulung und Fortbildung von Personal, die von einem dena-zertifizierten Anbieter erbracht werden und ein energieeffizientes Nutzerverhalten zum Gegenstand haben sowie einen sparsamen Energieeinsatz befördern, soweit sie zum Förderzweck beitragen.
3.2 Investitionsmaßnahmen nach Nummer 3.1 Buchstabe a und b können bezuschusst werden, wenn sie bei dem Antragsteller zu einer erheblichen Reduzierung des Endenergieverbrauchs oder zu einer erheblichen Reduzierung des Einsatzes fossiler Energien zur Deckung des Endenergiebedarfs führen. Eine Reduzierung ist erheblich, wenn sie grundsätzlich zu einer Mindesteinsparung fossiler Energien in Höhe von 20 vom Hundert bezogen auf den Endenergiebedarf des Antragsgegenstandes führt. Maßnahmen, welche die Verbesserung der Gebäudehülle beinhalten, sind unabhängig von den vorgenannten Bedingungen bezuschussungsfähig, wenn Passivhauskomponenten eingesetzt werden.
3.3 Personalkosten, Folgekosten für den Betrieb und sonstiger Verwaltungsaufwand (insbesondere Büroräume und nicht-IT-bezogene Arbeitsplatzausstattung) sind nicht Gegenstand der Soforthilfe.
4 Voraussetzungen für die Gewährung der Soforthilfe
4.1 Voraussetzung für die Gewährung der Soforthilfe in den Fällen der Nummer 3.1 Buchstabe a ist eine Bestätigung der geplanten Maßnahmen durch die Energieagentur Brandenburg der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH, Babelsberger Straße 21, 14473 Potsdam (Energieagentur). Die Bestätigung durch die Energieagentur ist nur dann zu erteilen, wenn
- die Maßnahme und das zur Ausführung der Maßnahme zugrundeliegende Angebot technisch geeignet ist, eine erhebliche Verringerung des Einsatzes fossiler Energien zu erreichen,
- das Angebot schlüssig und angemessen ist und
- die geplante Maßnahme unter Berücksichtigung von Lebenszykluskosten, Energie- und CO2-Preisentwicklung betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint.
Der Bewilligungsbehörde ist im Rahmen der Antragstellung der vollständig kalkulierte und verbindliche Finanzplan der Maßnahmen inklusive Maßnahmenbeschreibung und die zur Ausführung zugrundeliegenden Angebote mit Antragstellung einzureichen. Der Antragsteller hat eine Abschrift dieser Unterlagen zeitgleich an die Energieagentur zur Prüfung und Bestätigung nach Satz 2 zu übermitteln. Die Bestätigung ist durch den Antragsteller umgehend, spätestens jedoch sechs Wochen nach Antragstellung an die Bewilligungsbehörde zu übermitteln.
4.2 Berücksichtigungsfähig sind ausschließlich Maßnahmen, die nach dem 1. Januar 2023 begonnen wurden und spätestens am 31. Dezember 2024 abgeschlossen sind. Bei Maßnahmen, die als selbstständige Abschnitte eines laufenden Vorhabens umgesetzt werden sollen, ist eine Bezuschussung möglich, wenn dieser selbstständige Abschnitt allein die Voraussetzungen dieser Billigkeitsrichtlinie erfüllt. Sofern solche Maßnahmen beantragt werden, ist dies in der mit dem Antrag einzureichenden Maßnahmenbeschreibung entsprechend zu dokumentieren.
4.3 Bei der Antragstellung nach Nummer 3.1 Buchstabe a ist nachzuweisen, dass der Antragsteller das Eigentum oder ein Erbbaurecht an dem für die Investitionsmaßnahme genutzten Grundstück hat oder der Eigentumserwerb oder die Einräumung des Erbbaurechts gesichert ist.
In den Fällen von Miete, Pacht, Nutzung oder Mitbenutzung ist die Zustimmung des Eigentümers für die Durchführung von Investitionsmaßnahmen nach Nummer 3.1 Buchstabe a erforderlich sowie dessen Zusicherung, dass das Gebäude, der Gebäudekomplex oder das Grundstück für die Dauer der Zweckbindungsfrist im Sinne der Nummer 9.4 für den Betrieb der Einrichtung zur Verfügung steht.
5 Art und Umfang, Höhe der Leistung
5.1 Die Soforthilfe wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss gewährt.
5.2 Die Mindestantragshöhe beträgt 2.500 Euro.
5.3 Für Maßnahmen nach Nummer 3.1 Buchstabe a gilt eine Obergrenze von 1.000.000 Euro je Standort eines Antragstellers.
5.4 Für Maßnahmen nach Nummer 3.1 Buchstabe b und c gilt eine Obergrenze von 200.000 Euro je Standort eines Antragstellers.
5.5 Der Kauf elektrisch betriebener Fahrzeuge kann pro Fahrzeug bis zu einem Nettoverkaufspreis von 40.000 Euro im Rahmen des Flottenaustausches bezuschusst werden.
5.6 Eine Selbstbeteiligung ist nicht erforderlich.
5.7 Die Soforthilfe ist nachrangig zu anderen Unterstützungsleistungen. Bezuschusst werden insoweit nur Maßnahmen, die nicht bereits durch vorrangig in Anspruch zu nehmende Unterstützungsleistungen gedeckt werden können. Sofern dem Antragsteller zu einem späteren Zeitpunkt Hilfen für dieselben Maßnahmen bewilligt werden, ist die nach dieser Richtlinie gewährte Soforthilfe mit den weiteren Unterstützungsleistungen zu verrechnen und zurückzuzahlen.
5.8 Soweit eine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht, werden die Ausgaben für die beantragten Maßnahmen abzüglich des gemäß § 15 des Umsatzsteuergesetzes geltend gemachten Vorsteuerbetrags berücksichtigt (Bemessungsgrundlage). Sollten Berichtigungen im Antragsjahr oder Änderungen gemäß § 15a des Umsatzsteuergesetzes in Folgejahren zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führen, ist diese unverzüglich anzuzeigen und die Überzahlung zurückzuführen.
6 Antragsverfahren
6.1 Bewilligungsbehörde ist das Landesamt für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg (LASV), Lipezker Straße 45, 03048 Cottbus.
6.2 Der Antrag auf Gewährung der Soforthilfe ist bei der Bewilligungsbehörde schriftlich unter Verwendung des auf dessen Internetseite (lasv.brandenburg.de) abrufbaren Antragsformulars zu stellen. Die Anträge sind unabhängig voneinander je Standort eines Trägers zu stellen. Die Wertgrenzen nach den Nummern 5.3 und 5.4 gelten eigenständig.
6.3 Anträge sind bis 31. Oktober 2024 einzureichen. Die Bewilligungsbehörde kann in begründeten Einzelfällen Ausnahmen von der Antragsfrist zulassen.
6.4 Zum Nachweis der Legitimation des Antragstellers sind dem Antrag folgende Unterlagen beizufügen:
- Vollmacht oder ein anderer Nachweis der Vertretungsberechtigung sowie
- Vereins- oder Handelsregisterauszug (sofern zutreffend).
6.5 Abgabe einer Erklärung zum Umfang der Vorsteuerabzugsberechtigung.
6.6 Nur vollständig eingereichte Anträge nebst erforderlichen Anlagen werden bearbeitet. Anträge sind insbesondere dann vollständig gestellt, wenn die Voraussetzungen der Nummern 6.2 bis 6.4 erfüllt sind und eine vollständige Prüffähigkeit gegeben ist. In den Fällen der Nummer 3.1 Buchstabe a erfordert eine vollständige Antragstellung zudem die Einreichung der Bestätigung der Energieagentur innerhalb von sechs Wochen nach Antragstellung.
6.7 Die vollständig eingereichten Anträge werden in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet.
7 Auszahlungsverfahren
Für die Auszahlung der Soforthilfe ist in den Fällen der Nummer 3.1 Buchstabe a ein gesonderter Mittelabruf durch den Antragsteller erforderlich. Im Falle einer von der beantragten Soforthilfe abweichenden Bewilligung erfolgt die Auszahlung erst nach Bestandskraft des Bewilligungsbescheides.
8 Verwendungsnachweisverfahren
Die Bestätigung der zweckentsprechenden Mittelverwendung ist erforderlich. Diese umfasst eine Erklärung des Antragstellers, dass die Mittel vollständig verausgabt wurden und der Zweck der Soforthilfe wie beantragt erfüllt ist. In den Fällen der Nummer 3.1 Buchstabe a ist darüber hinaus die zweckentsprechende, sparsame und wirtschaftliche Verwendung der Fördermittel durch eine Wirtschaftsprüfung zu bestätigen.
9 Sonstige Bestimmungen
9.1 Der Landesrechnungshof ist berechtigt, beim Antragsteller Prüfungen nach §§ 91 ff. LHO durchzuführen sowie hierfür Einsicht in Bücher, Belege und sonstige Unterlagen zu nehmen. Dem Landesrechnungshof sind auf Verlangen die dafür erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
9.2 Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, die zweckentsprechende Verwendung der Soforthilfe stichprobenartig und bei Verdacht zweckfremder Nutzung zu prüfen sowie hierfür Einsicht in Bücher, Belege und sonstige Unterlagen zu nehmen. Nummer 9.1 Satz 2 gilt entsprechend. Nicht zweckentsprechend verwendete Mittel sowie nicht verausgabte Mittel sind zurückzuzahlen.
9.3 Die für die Soforthilfe relevanten Unterlagen und Originalbelege (insbesondere Rechnungen, Quittungen, Verträge und Kontoauszüge) sind für etwaige Prüfungen der Verwendung zehn Jahre lang ab der Gewährung der Soforthilfe aufzubewahren, sofern nicht nach steuerlichen oder anderen Vorschriften eine längere Aufbewahrungsfrist bestimmt ist.
9.4 Die Dauer der Bindung an den Zweck nach Nummer 1.1 richtet sich nach der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter („AV“) vom 15. Dezember 2000 (BStBl. I S. 1532) in der jeweils geltenden Fassung, soweit durch die Bewilligungsbehörde keine Sonderregelungen getroffen werden.
10 Geltungsdauer
Diese Richtlinie tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft.