Richtlinie
Beteiligungsgrundsätze für den Frühphasen- und Wachstumsfonds
Stand 04.03.2021
0. Allgemeines
01. Der Frühphasen- und Wachstumsfonds verfolgt das Ziel der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Die KMU sollen befähigt werden, sich am Wachstum der regionalen, nationalen und internationalen Märkte sowie am Innovationsprozess zu beteiligen. Die Unterstützung des Frühphasen- und Wachstumsfonds erfolgt durch die Übernahme von Beteiligungen und beteiligungsähnlichen Investitionen (wie offene und/oder stille Beteiligungen, Nachrangdarlehen) an Kapitalgesellschaften zur Stärkung bzw. Sicherung der Eigenkapitalbasis. Finanzierungsanlässe sind Innovation, Technologieentwicklung, Produktentwicklung, Markteinführung sowie Unternehmenswachstum.
Zielunternehmen sind KMU in unterschiedlichen Lebenszyklusphasen wie Früh- (Gründungs- und Startphase) oder Expansionsphase (Wachstums- und Erweiterungsphase).
02. Die Unterstützung des Frühphasen- und Wachstumsfonds in Investitionen kann sowohl Sachanlagen und immaterielle Anlagegüter als auch Betriebskapital umfassen. Des Weiteren können Kosten für die Überarbeitung von Eigentumsrechten an Unternehmen unterstützt werden, sofern die Übertragung zwischen unabhängigen Investoren erfolgt. Zu fördernde Investitionen dürfen zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung des Frühphasen- und Wachstumsfonds weder physisch abgeschlossen noch vollständig umgesetzt sein.
03. Der Frühphasen- und Wachstumsfonds beteiligt sich an Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte im Land Brandenburg oder zum Zwecke der Errichtung einer Betriebsstätte im Land Brandenburg.
04. Der Frühphasen- und Wachstumsfonds steht grundsätzlich allen Branchen offen. Der Fondsmanager sichert das erforderliche Know-How für die Akquisition und Betreuung und unterstützt die Beteiligungs- bzw. Darlehensnehmer aktiv in betriebswirtschaftlichen sowie ausgewählten technischen Fragestellungen (Hands-on-Management). Der Frühphasen- und Wachstumsfonds wird nach kaufmännischen Grundsätzen verwaltet. Die Investitionsentscheidungen werden unter Berücksichtigung der potentiellen wirtschaftlichen Tragfähigkeit der zu finanzierenden Investitionsprojekte auf der Basis dieser Beteiligungsgrundsätze durch den Fondsmanager getroffen.
05. Der Frühphasen- und Wachstumsfonds strebt zur Erreichung seiner Zielstellungen eine enge Kooperation mit den Partnern der EU, des Bundes und der Länder sowie mit spezialisierten CoVenture-Partnern aus dem privaten und öffentlichen Bereich an.
06. In folgenden Bereichen geht der Frühphasen- und Wachstumsfonds keine Finanzierungen ein:
- Stilllegung oder Bau von Kernkraftwerken,
- Investitionen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen aus Tätigkeiten, die in Anhang 1 der Richtlinie 2003/87/EG aufgeführt sind,
- Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung von Tabak und Tabakerzeugnissen,
- Investitionen in Flughafeninfrastruktur, es sei denn, sie haben einen Bezug zum Umweltschutz oder sie werden von den notwendigen Investitionen zur Abmilderung der Flughafeninfrastruktur begleitet,
- Risikokapitalfonds
Die Finanzierung von exportbezogenen Tätigkeiten, die auf Mitgliedstaaten oder Drittländer ausgerichtet sind, d. h. die unmittelbar mit den ausgeführten Mengen, mit der Errichtung und dem Betrieb eines Vertriebsnetzes oder mit anderen laufenden exportbezogenen Kosten in Zusammenhang stehen, sowie Finanzierungen, die davon abhängig sind, dass einheimische Waren Vorrang vor eingeführten Waren erhalten, können nicht im Rahmen des Fonds gefördert werden.
07. Von dem Beteiligungsnehmer wird erwartet, dass er über eine klare Gesellschafterstruktur verfügt sowie, dass er aussichtsreiche Exitmöglichkeiten bietet. Dabei strebt der Frühphasen- und Wachstumsfonds die Veräußerung der Finanzierungen in einem überschaubaren Zeitraum an.
Darüber hinaus müssen von den folgenden Kriterien mindestens zwei erfüllt sein:
- zu erwartende starke Marktstellung,
- stabile Gewinne und Cash-flows,
- Potential für Gewinn- und Cash-flow-Steigerungen während eines 5-Jahreszeitraumes,
- professionelles Management mit branchenspezifischer Erfahrung und ausreichenden kaufmännischen Kenntnissen.
08. An einer Finanzierung aus dem Eigenkapitalfonds interessierte KMU reichen aussagekräftige Unterlagen ein, die eine erste Beurteilung des Projektes ermöglichen. Das weitere Vorgehen sowie die Notwendigkeit der Vorlage weiterer Unterlagen werden auf Basis einer Grobprüfung mit dem KMU vereinbart. Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine Finanzierung.
09. Unternehmen, die neben der Finanzierung aus dem Eigenkapitalfonds Zuschüsse aus anderen Förderprogrammen erhalten, führen eigene Unterlagen für die jeweiligen Finanzierungsquellen.
10. Die Beteiligungsgrundsätze treten am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und mit Ablauf des 31.10.2023 außer Kraft.
Finanzierungen sind in den folgenden zwei Produkten/Alternativen möglich.
1. Frühphasenfinanzierung/Unternehmensneugründung
1.1 Das Land Brandenburg gewährt Frühphasenfinanzierungen nach Maßgabe dieser Grundsätze sowie des Operationellen Programms des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in Brandenburg für die Strukturfondsperiode 2014–2020 einschließlich folgender Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung:
- Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.06.2014, S. 1, im Folgenden AGVO),
- Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320),
- EFRE-Verordnung (EU) Nr. 1301/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 259),
- der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 288/2014 der Kommission vom 25. Februar 2014 (ABl. L 87 vom 22.03.2014, S. 1).
Die nach diesen Beteiligungsgrundsätzen gewährten Förderungen stellen Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dar, die nach Artikel 22 der AGVO, mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 freigestellt sind.
1.2 Finanziert werden nicht börsennotierte kleine Unternehmen, deren Eintragung ins Handelsregister höchstens fünf Jahre zurückliegt, bei denen eine Gewinnausschüttung noch nicht erfolgt ist und die nicht durch einen Zusammenschluss gegründet wurden.
„Kleine“ oder „KU“ im Sinne dieser Beteiligungsgrundsätze sind Unternehmen, die die Voraussetzungen des Anhangs I der AGVO erfüllen müssen.
1.3 Die Zielunternehmen müssen eine innovative, technologische Ausrichtung haben, jedoch nicht unbedingt dem absoluten High-Tech Bereich zuzuordnen sein. Innovative Unternehmen sind
a) die anhand eines externen Gutachtens nachweisen können, dass sie in absehbarer Zukunft Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren entwickeln werden, die neu oder verglichen mit dem Stand der Technik in dem jeweiligen Wirtschaftszweig wesentlich verbessert sind und die das Risiko eines technischen oder industriellen Misserfolgs in sich tragen oder
b) deren Forschungs- und Entwicklungskosten in mindestens einem der drei Jahre vor Gewährung der Beihilfe mindestens 10% ihrer gesamten Betriebsausgaben ausmachen. Im Falle eines neugegründeten Unternehmens ohne abgeschlossenes Geschäftsjahr ist dies im Rahmen des Audits des laufenden Geschäftsjahres von einem externen Rechnungsprüfer zu testieren.
Die Prüfung, ob es sich um ein innovatives Unternehmen handelt, veranlasst der Fondsmanager bei der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH (WFBB).
1.4 Vorgesehen ist eine Kombination aus offener Beteiligung und Nachrangdarlehen.
Der Frühphasen- und Wachstumsfonds geht zunächst offene Beteiligungen ein. Dieses sind Minderheitsbeteiligungen von anfangs grundsätzlich 15% am Stamm-/Grundkapital, ohne dass eine Unternehmensbewertung erfolgt.
Von dieser Regelung kann abgewichen werden:
a) bei Erwerb von mindestens 10% der Geschäftsanteile am Unternehmen (nach der Finanzierungsrunde) oder der Erbringung von mindestens 30% an den vorgesehenen Beteiligungsmitteln durch einen unabhängigen Investor. In einem solchen Fall ist deren Bewertungsgrundlage heranzuziehen;
b) bei gemeinsamen Investments mit dem High-Tech Gründerfonds.
1.5 Der Frühphasen- und Wachstumsfonds übernimmt die Gesellschafterfunktion beim Start-Up-Unternehmen. Die Übernahme von Anteilen am Stammkapital erfolgt im Wege der Kapitalerhöhung. Der Frühphasen- und Wachstumsfonds ist entsprechend seiner Einlage an den Gewinnen und Verlusten des Beteiligungsunternehmens beteiligt.
Je nach Kapitalbedarf sowie Liquiditäts- und Bilanzsituation werden zusätzlich Nachrangdarlehen von bis zu 1,2 Mio. EUR (inklusive Beteiligung) eingebracht. Die Laufzeit der Nachrangdarlehen soll durchschnittlich sieben Jahre betragen. Es werden 100% ausgezahlt, wobei für die Auszahlungen eine Definition von Meilensteinen angestrebt wird. Der Zinssatz orientiert sich an der Entwicklung des Kapitalmarktes. Eine vorzeitige Tilgung kann auf Antrag zugelassen werden. Der Gesamtbetrag je Unternehmen kann im Rahmen mehrerer Finanzierungsrunden in Anspruch genommen werden.
Bei weiteren Finanzierungsrunden (außerhalb der Frühphasenfinanzierung) besteht für die Nachrangdarlehen plus aufgelaufener Zinsen ein Wandlungsrecht in eine offene Beteiligung.
Persönliche Sicherheiten und Garantien der Gesellschafter müssen nicht gestellt werden. Ein privates Koinvestment ist nicht erforderlich, aber möglich.
1.6 Frühphasenfinanzierungen erfolgen nicht in Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten 1) in der jeweils geltenden Fassung.
1.7 Frühphasenfinanzierungen können grundsätzlich mit weiteren Beihilfen nach Art 22 Abs. 4 AGVO kombiniert werden, sofern der zulässige Beihilfehöchstsatz nicht überschritten wird.
1.8 In Fällen von staatlichen Beihilfen nach Art. 107 ff. AEUV gilt: Ein Unternehmen, das einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen ist, dürfen keine Einzelbeihilfen gewährt werden, ausgenommen Beihilferegelungen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen.
2. Wachstumsfinanzierung
2.1 Das Land Brandenburg gewährt Wachstumsfinanzierungen nach Maßgabe dieser Grundsätze sowie des Operationellen Programms des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in Brandenburg für die Strukturfondsperiode 2014–2020 einschließlich folgender Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung:
- Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320),
- EFRE-Verordnung (EU) Nr. 1301/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 259),
- der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 288/2014 der Kommission vom 25. Februar 2014 (ABl. L 87 vom 22.03.2014, S. 1).
2.2 Finanziert werden KMU in Form von Beteiligungen und oder beteiligungsähnlichen Investitionen (im Folgenden nur Beteiligung genannt). „KMU“ im Sinne dieser Beteiligungsgrundsätze sind Unternehmen, die die Voraussetzungen des Anhangs I der AGVO erfüllen müssen.
2.3 Die Beteiligungshöhe je Beteiligungsunternehmen sollte nicht unter 300.000 EUR liegen. Das maximale Gesamtinvestment ist auf 6.400.000 EUR je KMU begrenzt.
2.4. Die Beteiligung des Frühphasen- und Wachstumsfonds am Stammkapital darf 49% nicht überschreiten. Eine Sperrminorität wird angestrebt.
2.5. Eine Beteiligung darf nur eingegangen werden, wenn die Investition dafür von öffentlichen und privaten Investoren unter gleichen Bedingungen – pari passu – (Marktinvestortest) 2) getätigt wird.
Zur Erfüllung der Pari-Passu-Bedingungen sind folgende Kriterien zu erbringen:
a.) Die Investition erfolgt unter für öffentliche und private Investoren identischen Bedingungen.
Eine Beteiligung erfolgt dann zu identischen Bedingungen, wenn sich die öffentlichen und privaten Investoren dieselben Risiken und Renditen teilen und sie in Bezug auf dieselbe Risikoklasse einer identischen Nachrangigkeits- und Meilensteinregelung unterliegen. Als im Einklang mit den marktüblichen Bedingungen gilt auch, wenn sich der öffentliche Investor in einer besseren Position als der private Investor befindet, da er z.B. im Gegensatz zu den privaten Investoren früher eine vorrangige Rendite erhält. Dies gilt, solange die privaten Investoren keine Vorteile aus der Regelung erzielen.
b) Beide Kategorien von Akteuren intervenieren simultan.
Eine Beteiligung erfolgt von öffentlichen und privaten Investoren dann simultan, wenn die privaten und öffentlichen Investoren über dieselbe Investitionstransaktion gemeinsam, d. h. als Koinvestoren, in den Endempfänger KMU investieren.
c) Die Intervention des privaten Investors ist von echter wirtschaftlicher Bedeutung. Eine Beteiligung eines unabhängigen privaten Investors gilt dann als von wirtschaftlicher Bedeutung, wenn sie mindestens 30% beträgt. Als unabhängiger privater Investor gilt, der kein Anteilseigener des beihilfefähigen Unternehmens ist, in das er investiert, dazu zählen auch Business Angels und Finanzinstitute, ungeachtet ihrer Eigentümer, sofern sie das volle Investitionsrisiko tragen. Private Investoren gelten auch bei Folgeinvestitionen weiterhin als unabhängig, wenn sie zum Zeitpunkt des Erstinvestments vom Unternehmen unabhängig waren. Bei der Gründung eines neuen Unternehmens werden alle privaten Investoren, einschließlich der Gründer, als vom Unternehmen unabhängig betrachtet.
Beteiligungsähnliche Investitionen in Form von Nachrangdarlehen können auch ohne private Kofinanzierung erfolgen, wenn diese im Einklang mit der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze 3) stehen. Die Marktüblichkeit der Berechnungsmethode muss dabei sichergestellt sein.
2.6 Die Investitionsentscheidungen werden unter Einhaltung des Arm's-Length-Prinzips hinsichtlich des Staates gewinnorientiert getroffen.
2.7. Wachstumsfinanzierungen erfolgen nicht in Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten in der jeweils geltenden Fassung 4).
1) ABl. C 249/1 vom 31.07.2014.
2) nach den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen (ABl. C 19/4 vom 22.01.2014)
3) ABl. C 14 vom 19.01.2008
4) ABl. C 249/1 vom 31.07.2014