Richtlinie
Förderhinweise für die Liquiditätshilfen BERLIN
(Liquiditätsfonds BERLIN II und Konsolidierungsfonds BERLIN II)
vom 01.01.2021
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe – IV D –
1. Ziele
(1) Kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, die sich umstrukturieren und in diesem Zusammenhang Arbeitsplätze sichern wollen, können durch Vergabe von Rettungs- und Umstrukturierungsdarlehen nach Maßgabe dieser Richtlinie gefördert werden. Die öffentliche Unterstützung setzt jedoch voraus, dass auch andere Geldgeber – insbesondere die Geschäftsbanken – ihren Finanzierungsbeitrag leisten.
Die Vergabe der Rettungs- und Umstrukturierungsdarlehen erfolgt auf der Grundlage und nach Maßgabe der Bundesrahmenregelung für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung kleiner und mittlerer Unternehmen in Schwierigkeiten (Bundesrahmenregelung)1), die integraler Bestandteil dieser Förderhinweise ist.
(2) Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung eines Darlehens besteht nicht. Der Förderausschuss (s. Nr. 6) entscheidet aufgrund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Mittel.
2. Gegenstand der Förderung
Die Darlehen können unter den sich aus der Bundesrahmenregelung ergebenden Voraussetzungen
- als maximal sechsmonatige Rettungsbeihilfe gemäß § 7 Absätze 1 bis 3 der Bundesrahmenregelung,
- als maximal achtzehnmonatige vorübergehende Umstrukturierungshilfe gemäß § 12 der Bundesrahmenregelung, sowie
- als Umstrukturierungsbeihilfe auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität gemäß § 6 der Bundesrahmenregelung
gewährt werden.
Während Umstrukturierungsbeihilfen nur Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne von § 2 der Bundesrahmenregelung gewährt werden können, können Darlehen als Rettungsbeihilfe im Sinne von § 7 der Bundesrahmenregelung oder als vorübergehende Umstrukturierungshilfe im Sinne von § 12 der Bundesrahmenregelung auch Unternehmen gewährt werden, die aufgrund außergewöhnlicher und unvorhersehbarer Umstände mit einem akuten Liquiditätsbedarf konfrontiert sind, ohne dass es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne von § 2 der Bundesrahmenregelung handeln muss.
3. Antragsteller
(1) Förderanträge können von kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft im Sinne der jeweils geltenden Definition der Europäischen Union (weniger als 250 Beschäftigte, bis 50 Mio. EUR Jahresumsatz oder höchstens 43 Mio. EUR Jahresbilanzsumme, Beteiligung an bzw. von Unternehmen sind anzurechnen)2) gestellt werden, wenn sie in Berlin eine Betriebsstätte haben.
(2) Von einer Antragstellung ausgeschlossen sind:
a. Unternehmen des Steinkohlenbergbaus und der Stahlindustrie,
b. Unternehmen, für die spezifische Regeln für Finanzinstitute gelten,
c. Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft und der Fischerei, soweit sie nicht der Verarbeitung dienen,
d. Einzelhandelsunternehmen,
e. Gastronomie- und Beherbergungsunternehmen,
f. Wohnungsbauunternehmen und Bauträger,
g. Unternehmen des Bauhaupt- und Baunebengewerbes, sowie
h. konsumorientierte Dienstleister (ohne Handwerk) und vergleichbare Unternehmen.
(3) Soweit im Einzelfall besondere Struktureffekte nachgewiesen werden, können Unternehmen der unter (2) c) bis (2) h) genannten Branchen in eine Förderung einbezogen werden.
4. Fördervoraussetzungen
Mittel aus den Liquiditätshilfen BERLIN können nur gewährt werden, wenn
- andere Möglichkeiten zur Überwindung der Liquiditätsschwierigkeiten, insbesondere durch Bürgschafts- und Darlehensprogramme des Bundes und des Landes, nicht bestehen bzw. nicht rechtzeitig in Anspruch genommen werden können,
- bestätigt wird, dass die Hausbankkredite nicht außerplanmäßig zu Lasten der Mittel aus diesem Programm zurückgeführt werden,
- arbeitsmarkt- und strukturpolitische Aspekte eine positive Entscheidung rechtfertigen,
- die Mitfinanzierung des Finanzbedarfs durch andere Finanziers (z.B. die Gesellschafter oder eine Geschäftsbank) in wesentlicher Höhe getätigt wird.
Des Weiteren gelten die im Einzelnen unter § 4 der Bundesrahmenregelung zu entnehmenden Fördervoraussetzungen.
5. Antrags- und Prüfungsverfahren
(1) Anträge auf die Gewährung von Mitteln aus den Liquiditätshilfen BERLIN sind zu richten an:
Postanschrift:
Investitionsbank Berlin
10702 Berlin
Hausanschrift:
Investitionsbank Berlin
Bundesallee 210
10719 Berlin
Telefon: (030) 2125-4747
(2) Zusammen mit einem formlosen Antrag auf Gewährung von Mitteln aus den Liquiditätshilfen sind der IBB alle erforderlichen Unterlagen für die Gewährung der Rettungs- und Umstrukturierungsdarlehen vorzulegen. Der von dem Antragsteller vorzulegende Umstrukturierungsplan wird von der IBB auf Schlüssigkeit geprüft.
(3) Die IBB kann die Vorlage weiterer Unterlagen verlangen, soweit dies zur Beurteilung des Unternehmens und des zu finanzierenden Vorhabens erforderlich ist.
(4) Wird ein Darlehen als vorübergehende Umstrukturierungshilfe im Sinne von § 12 der Bundesrahmenregelung gewährt, ist der IBB innerhalb von sechs Monaten ab Auszahlung der ersten Rate an das begünstigte Unternehmen ein vereinfachter Umstrukturierungsplan vorzulegen, der mindestens die Maßnahmen enthält, die das Unternehmen durchzuführen plant, um seine langfristige Rentabilität ohne weitere staatliche Unterstützung wiederherzustellen.
(5) Wird ein Darlehen als Rettungsbeihilfe für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten gewährt, prüft die IBB innerhalb dieses Zeitraums die Lage des begünstigten Unternehmens. Vor Ablauf dieses Zeitraums muss
- der Förderausschuss einen Umstrukturierungs- oder Abwicklungsplan genehmigen oder
- das begünstigte Unternehmen einen vereinfachten Umstrukturierungsplan für eine vorübergehende Umstrukturierungsbeihilfe vorlegen oder
- das Darlehen zurückgezahlt sein.
6. Förderausschuss
Die IBB vergibt die Mittel aus den Liquiditätshilfen aufgrund der Entscheidung des Förderausschusses, dem jeweils ein stimmberechtigter Vertreter
- der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (Vorsitz),
- der Senatsverwaltung für Finanzen,
- der Industrie- und Handelskammer zu Berlin,
- der Handwerkskammer Berlin und
- der IBB
angehört. Gegen das Votum des Landes Berlin können keine begünstigenden Beschlüsse gefasst werden.
7. Darlehenshöhe und -konditionen
Die Mittel aus den Liquiditätshilfen BERLIN werden als Darlehen von der IBB auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrags u.a. zu folgenden Konditionen vergeben:
(1) Umstrukturierungsdarlehen
- Höhe
In der Regel bis zu 1 Mio. EUR je Antragsteller, in begründeten Ausnahmefällen bis zu 2,5 Mio. EUR möglich. - Laufzeit
In der Regel bis zu 5 Jahre davon bis zu 2 Jahre tilgungsfrei. - Verzinsung
Refinanzierungszinssatz der IBB plus 4,5% p.a. - Zins und Tilgung
Ratierliche (vierteljährig, nachschüssig) Tilgung und Zinszahlung.
(2) Vorübergehende Umstrukturierungsdarlehen
- Höhe
In der Regel bis zu 1 Mio. EUR je Antragsteller, in begründeten Ausnahmefällen bis zu 2,5 Mio. EUR möglich. - Laufzeit
Höchstens 18 Monate abzüglich einer etwaigen unmittelbar vorangehenden Zeit einer Rettungsbeihilfe. - Verzinsung
Refinanzierungszinssatz der IBB plus 4,5% p.a. (min. jedoch IBOR 12 Monate + 400 Basispunkte, 12 Monate nach Auszahlung der ersten Rate + min. 50 Basispunkte). - Zins und Tilgung
Ratierliche (vierteljährig, nachschüssig) Tilgung und Zinszahlung.
(3) Rettungsbeihilfen
- Höhe
In der Regel bis zu 1 Mio. EUR je Antragsteller, in begründeten Ausnahmefällen bis zu 2,5 Mio. EUR möglich. - Laufzeit
Höchstens 6 Monate. - Verzinsung
Refinanzierungszinssatz der IBB plus 4,5% p.a. (min. jedoch IBOR 12 Monate + 400 Basispunkte, + min. 50 Basispunkte bei Verlängerung der Genehmigung). - Zins und Tilgung
Ratierliche (vierteljährig, nachschüssig) Tilgung und Zinszahlung oder endfällige Tilgung.
8. Managementunterstützung
Im Rahmen des Darlehensvertrages wird die IBB mit dem Kreditnehmer eine Managementunterstützung durch sachverständige Berater vereinbaren, wenn sie dies für erforderlich hält, um die Ziele der Förderung zu erreichen. Durch die jeweils gewählte Form der Managementunterstützung werden die Rechte des Unternehmers nicht eingeschränkt.
9. Sicherheiten, Mithaftung
(1) Das Darlehen ist nach Möglichkeit banküblich abzusichern. Die Besicherung ist so zu wählen, dass der Raum für eine erforderliche weitere Kreditaufnahme nicht unangemessen beschränkt wird.
(2) Soweit es unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse geboten erscheint, wird bei Kommanditgesellschaften die selbstschuldnerische Bürgschaft der Kommanditisten verlangt.
(3) Bei Kapitalgesellschaften haben die Personen, die kraft ihrer Stellung als Gesellschafter wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen ausüben können, ebenfalls die selbstschuldnerische Bürgschaft zu übernehmen.
10. Rückzahlung von Darlehen
(1) Das Darlehen ist unverzüglich zurückzuzahlen,
a) wenn und soweit es zu Unrecht (insbesondere durch unzutreffende Angaben) erlangt oder nicht seinem Zweck entsprechend verwendet worden ist oder
b) wenn und soweit sich die Voraussetzungen für seine Gewährung geändert haben oder nachträglich entfallen sind.
Die IBB wird in diesen Fällen das Darlehen aus wichtigem Grund zur sofortigen Rückzahlung kündigen.
(2) Bei Kündigung gem. 1a) ist das Darlehen vom Tage der Auszahlung, bei Kündigung gem. 1b) spätestens vom Tage der Kündigung – falls die Voraussetzungen nachträglich entfallen sind, vom Zeitpunkt ihres Wegfalls an – mit 9% über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Etwaige weitergehende Schadenersatzansprüche bleiben von dieser Regelung unberührt.
(3) Werden geschuldete Zahlungen bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig erbracht, so sind die Rückstände mit 9% über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Auf Zinsrückstände ist als Vertragsstrafe für die Zeit des Verzugs ein Zuschlag in Höhe des Zinssatzes für Tilgungsrückstände zu leisten.
11. Durchführung des Umstrukturierungsplanes, Verwendungsnachweise
(1) Die IBB überwacht die bestimmungsgemäße Verwendung des Darlehens sowie den Vollzug des Umstrukturierungsplanes auf Grundlage der vom Darlehensnehmer zeitnah vorzulegenden Jahresabschlüsse sowie weiterer Unterlagen und Auskünfte, die vom Darlehensnehmer nach dem Darlehensvertrag beizubringen sind.
(2) Die nach § 13 der Bundesrahmenregelung verlangten Jahresberichte wird die IBB auf der Grundlage der nach den Darlehensverträgen von den Darlehensnehmern vorzulegenden Angaben erstellen und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe vorlegen. Diese wird die Berichte an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie weiterleiten.
(3) Die IBB wird der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und dem Rechnungshof von Berlin sowie der Europäischen Kommission in diesem Rahmen alle erforderlichen Auskünfte erteilen, Einsicht in Bücher und sonstige Unterlagen sowie Prüfungen gestatten. Die gleichen Verpflichtungen überträgt die IBB auch auf das begünstigte Unternehmen.
12. Subventionserheblichkeit
Sämtliche vom Empfänger der Mittel aus den Liquiditätshilfen BERLIN im Zusammenhang mit der Gewährung dieser Mittel gemachten Angaben, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder Belassung dieser Mittel abhängt, sind subventionserhebliche Tatsachen im Sinne von § 264 des Strafgesetzbuches. Auf die §§ 2–6 des Subventionsgesetzes vom 29.07.1976 und auf § 1 des Landessubventionsgesetzes vom 20.06.1977 wird besonders hingewiesen.
13. Geltungsdauer
Die Förderhinweise gelten in dieser Form ab dem 01.01.2021 und laufen mit dem 31.12.2025 aus.
1) Vgl. Anlage.
2) Vgl. im Einzelnen Empfehlung der Kommission 2003/361/EG vom 06.05.2003, ABl. EU L 124/36, v. 20.05.2003.