Richtlinie
Richtlinien zur Durchführung des Bayerischen Förderprogramms für die Erschließung neuer Technologien im Bereich der Handwerkswirtschaft „Handwerk Innovativ“
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
vom 18. Dezember 2019, Az. 32-4523/1/4
[geändert durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
vom 29. November 2022, Az. 32-4523/1/12]
Der Freistaat Bayern gewährt Zuwendungen nach Maßgabe
- dieser Richtlinien,
- der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Art. 23 und 44 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften bzw. der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Gewährung von Zuwendungen an die gewerbliche Wirtschaft (AVG),
- des Unionsrahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation (ABl. C 414 vom 28. Oktober 2022, S. 1 – FEI-Unionsrahmen), insbesondere der Randnummern 19 bis 31
zur Erschließung neuer Technologien für den Bereich der Handwerkswirtschaft durch innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Die Zuwendung erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
1. Zweck der Zuwendung
Vor dem Hintergrund eines ausgeprägten technologischen Fortschritts und dem damit verbundenen Strukturwandel ist die Integration des technischen Fortschritts zu einer existenziellen Zukunftsaufgabe für die Handwerkswirtschaft geworden. Von ihrer erfolgreichen Bewältigung hängt ab, ob flächendeckend gesunde Strukturen an Handwerkbetrieben mit ihrer Bedeutung als regionale Standortfaktoren und Nahversorger sowie Leistungsträger in der Energiewende erhalten und Konzentrationsprozesse vermieden werden können. Die Betriebe sollen an neue Produkte, neue Produktionsverfahren, neue Formen der Kooperation und an die Erschließung neuer Märkte herangeführt werden. Mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von vier bis fünf Mitarbeitern ist das Handwerk besonders kleinteilig. Daher sind Handwerksbetriebe in aller Regel nicht in der Lage, selbst Maßnahmen zur Erschließung und Integration neuer Technologien zu erforschen und umzusetzen. Um dem für Handwerksunternehmen typischen unternehmensgrößenbedingten Nachteil bei der Erschließung und Integration neuer Technologien entgegen zu wirken, werden im Wege von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in Zusammenarbeit von Handwerksorganisationen und Forschungseinrichtungen mit Leistungsvermögen im Bereich der Handwerkswirtschaft handwerksorientierte Applikationen neuer Technologien entwickelt und im Rahmen von Pilotprojekten zur Praxisreife gebracht. Der Technologietransfer in die Betriebe hinein wird anschließend über Informationsmaßnahmen sowie insbesondere im Rahmen der Ausbildung sichergestellt.
2. Gegenstand der Zuwendung
Zuwendungsgegenstand sind Kooperationsvorhaben im Bereich der angewandten Forschung zur Erarbeitung neuer, innovativer und zukunftsorientierter Ansätze im Sinne des Oslo Manual der OECD unter Anwendung neuer Technologien und Verfahren im Bereich der Handwerkswirtschaft. Die Zuwendung umfasst insbesondere folgende Themenbereiche und Fragestellungen:
a) Digitale Automatisierung und Fertigung im Handwerk sowie digitale Vernetzung von Verfahren und Dienstleistungen von Handwerksbetrieben mit Endabnehmern einschließlich Entwicklung neuer, digital gestützter Dienstleistungen und die Übertragung von Industrie-4.0-Technologien ins Handwerk, bzw. Anschluss von handwerklichen Zulieferbetrieben an entsprechende Verfahren der Industrie.
b) Die Integration neuer Technologien sowie neuer Produktionsprozesse und -verfahren in den handwerklichen Leistungserstellungsprozess einschließlich der Anwendung neuer Materialien und der Entwicklung neuer Dienstleistungen sowie Möglichkeiten der Kooperation, der Arbeitsteilung und der Wissensvermittlung.
Umfasst sind auch Querschnittsthemen wie Sicherheit, Zuverlässigkeit, Robustheit, Schnittstellen unterschiedlicher Technologien, Verfahren zur Qualitätssicherung, Funktions- und Einsatztests elektronischer Systeme, einschließlich der Konzeption, Planung und Dokumentation neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Zur Erfüllung des Zuwendungszwecks werden im Rahmen der Vorhaben entwickelte Methoden, Inhalte und Werkzeuge sowie die Testergebnisse als „best practice“, d.h. als besonders empfehlenswertes Modellbeispiel, aus den Pilotprojekten durch die Handwerksorganisationen weiterverbreitet, um eine Nutzbarmachung der Forschungsergebnisse für das bayerische Handwerk zu gewährleisten. Sämtliche Informationen, insbesondere Ergebnisse, müssen im Rahmen ihrer Aktualität dauerhaft öffentlich zugänglich sein. Zu diesem Zweck ergreifen die Vorhabenträger geeignete Maßnahmen zum Wissens- und Technologietransfer an die Öffentlichkeit mit allen dazugehörigen Aktivitäten einschließlich der Errichtung von Einrichtungen zur praktischen Demonstration des Einsatzes neuer Technologien im handwerklichen Leistungserstellungsprozess (Demonstrationszentren).
3. Zuwendungsempfänger
Empfänger der Zuwendungen sind die Handwerksorganisationen sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Hochschulgebundene Forschungseinrichtungen können nach Maßgabe dieser Richtlinien entsprechende Mittelzuweisungen erhalten. Anträge müssen gestellt werden von mindestens je:
- einer Handwerksorganisation mit Sitz, Betriebsstätte oder Niederlassung in Bayern und
- einer hochschulgebundenen oder außeruniversitären Forschungseinrichtung.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
4.1 Zuwendungen werden ausschließlich für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten der genannten Antragsteller gewährt. Als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten von Forschungseinrichtungen (vgl. Randnummer 16 ff) FEl-Unionsrahmen) werden nach Randnummer 20 FEI-Unionsrahmen insbesondere unabhängige Forschung und Entwicklung zur Erweiterung des Wissens und des Verständnisses, die Verbreitung der Forschungsergebnisse und die Ausbildung von mehr und besser qualifizierten Mitarbeitern betrachtet. Auch der im Zusammenhang mit den nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten betriebene Transfer der technologischen Arbeitsergebnisse, der maßgeblich durch die Handwerksorganisationen koordiniert und begleitet wird, gilt als nichtwirtschaftliche Tätigkeit, sofern sämtliche Einnahmen daraus wieder zugunsten von nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten der Antragsteller eingesetzt werden.
4.2 Die im Rahmen der Vorhaben entwickelten Methoden, Inhalte und Werkzeuge sowie die Testergebnisse der Pilotprojekte werden als „best practice“ sowie im Rahmen der laufenden beruflichen Aus- und Fortbildung der Bildungsträger weiterverbreitet. Soweit sich Rechte des geistigen Eigentums aus den Tätigkeiten der Antragsteller ergeben, werden diese in vollem Umfang der jeweiligen Einrichtung zugordnet.
4.3 Die Kooperationsvorhaben müssen innovativ sein, das heißt die zu erschließenden Technologien, Produkte und Dienstleistungen sowie Verfahren einschließlich Formen der organisatorischen Zusammenarbeit dürfen im Bereich des Handwerks noch nicht eingeführt sein. Die Bewertung des innovativen Charakters einer Maßnahme erfolgt auf Grundlage des Oslo Manual der OECD und umfasst demzufolge Produkt- und Dienstleistungsinnovationen, Prozessinnovationen und organisatorische Innovationen im Sinne neuer betrieblicher Strategien zur Umsetzung einer Neuerung mit dem Ziel, den Fortbestand und die Weiterentwicklung von Unternehmen abzusichern.
4.4 Die Vorhaben müssen im Hinblick auf den Erhalt oder die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der fachlich betroffenen Bereiche der Handwerkswirtschaft zielführend sein.
4.5 Der Antragsteller gibt bei einem fachlich ausgewiesenen Forschungsinstitut, beispielsweise einem Mitgliedsinstitut des Deutschen Handwerksinstituts, eine gutachterliche Stellungnahme zur Zweckmäßigkeit des Vorhabens im Sinne der Nrn. 4.3 und 4.4 nach Maßgabe der Bewilligungsbehörde auf seine Kosten in Auftrag und stellt dieses Gutachten der Bewilligungsbehörde zur Antragsbearbeitung kostenlos zur Verfügung. Der Antragsteller unterstützt die Tätigkeit des Gutachters durch die kostenlose Bereitstellung von Informationen, die vom Gutachter angefordert werden.
4.6 Die oben genannten Antragsteller regeln ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung, die nach Bewilligung der Zuwendung, aber vor Beginn des Vorhabens geschlossen wird und der Bewilligungsbehörde spätestens mit dem ersten Mittelabruf vorzulegen ist; wird bis zu diesem Zeitpunkt keine gültige Kooperationsvereinbarung nachgewiesen, ist der Bewilligungsbescheid zu widerrufen. In der Kooperationsvereinbarung zu regeln sind insbesondere der Vertragsgegenstand, das Ziel der Kooperation, die Laufzeit der Kooperationsvereinbarung, die Rechte und Pflichten der Beteiligten, die Vertraulichkeit der Zusammenarbeit, Haftungsfragen, Kündigungsrechte, Inkrafttreten und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit in Umsetzung von Nr. 2 Sätze 5 und 6 dieser Richtlinien. Zur Antragstellung reicht eine formlose schriftliche Absichtserklärung über die gemeinsame Projektbearbeitung aus. Die Handwerksorganisation übernimmt das Projektmanagement und ist Ansprechpartner in allen Fragen seitens der Bewilligungsbehörde.
4.7 Die Forschungseinrichtungen müssen zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits einschlägige fachliche Erfahrungen aufweisen und dies durch Referenzen darlegen können (Publikationen, dokumentierte und zurechenbare Forschungsbeteiligungen und Entwicklungsmaßnahmen).
5. Art und Umfang der Zuwendung
5.1 Die Zuwendung erfolgt als Anteilfinanzierung durch Zuschüsse im Rahmen einer Projektförderung. Hochschulgebundene Forschungsinstitute erhalten Mittelzuweisungen.
5.2 Es können nur Ausgaben oder Kosten anerkannt werden, die den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit entsprechen. Zuwendungsfähig sind im Regelfall nur direkt projektbezogene zurechenbare Personal- und Sachausgaben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Verwaltung der Maßnahme sowie mit der Kommunikation bzw. Veröffentlichung der Maßnahmenergebnisse an die Handwerksbetriebe entstehen. Zuwendungsfähig sind beispielsweise folgende vorhabenbezogenen Ausgaben:
5.2.1 Investitionsausgaben für Instrumente und Ausrüstungsgegenstände, die für die Vorhabendurchführung erforderlich sind. Nach dem Abschluss des Projekts müssen diese Instrumente und Ausrüstungsgegenstände durch die Antragsteller für den Bereich der beruflichen oder akademischen Bildung im Rahmen des Vollzugs des staatlichen Bildungsauftrags verwendet werden; dabei sind die im Bereich von Zuwendungen für Investitionen einschlägigen Zweckbindungsfristen zu beachten; diese betragen für Ausstattungsmaßnahmen grundsätzlich fünf Jahre, bei EDV-Ausstattungen drei Jahre. Ansonsten ist der Restwert anteilig zu erstatten.
5.2.2 Nach Maßgabe von Nr. 1.3 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zu Gunsten von Projekten (ANBest-P) Ausgaben für Personal (Forscher, Techniker und sonstiges Personal), das auf zusätzlichen Projektstellen beschäftigt ist. Wenn für die Projektdurchführung Personal eingesetzt wird, das bereits angestellt ist, sind nur die Ausgaben für Personal zuwendungsfähig, das als Ersatz zusätzlich eingestellt wird.
5.2.3 Material- und Sachausgaben, die unmittelbar durch die Vorhaben entstehen, wie Reisen ins In- und Ausland.
5.2.4 Fremdleistungen, d.h. Ausgaben für Auftragsforschung sowie Dienstleistungen, die ausschließlich für das Zuwendungsvorhaben genutzt werden.
5.3 Handwerksorganisationen werden auf Ausgabenbasis gefördert. Dies gilt auch für hochschulgebundene Forschungseinrichtungen.
5.4 Nicht-hochschulgebundene Forschungseinrichtungen werden auf Kostenbasis gefördert.
5.5 Die Zuwendungsintensität beträgt bis zu 80% der zuwendungsfähigen Ausgaben; maßgeblich sind die Ausgaben des Gesamtvorhabens gemäß Nr. 2 dieser Richtlinien. Bei hochschulgebundenen Forschungseinrichtungen beträgt die Intensität 100%.
5.6 Zuwendungen erhalten nur Maßnahmen, die zuwendungsfähige Gesamtausgaben in Höhe von mindestens 50.000 Euro umfassen.
5.7 Eine Zuwendung ist ausgeschlossen, wenn die Antragsteller für das Projekt Zuwendungen aus öffentlichen Programmen des Bundes, der Länder, der EU oder sonstiger öffentlicher Zuwendungsgeber erhalten. Die Zuwendungsempfänger haben hierzu jeweils eine entsprechende Erklärung abzugeben.
5.8 Nicht zuwendungsfähig ist der Einsatz von Mobiliar sowie bereits vorhandenem Material, Gerätschaften und Ausstattungsgegenständen durch den Antragsteller.
5.9 Eine Zuwendung für die Personal- und Sachausgaben im Sinne der Nrn. 5.2.1 bis 5.2.4 dieser Richtlinien wird für längstens drei Jahre gewährt. In begründeten Ausnahmefällen kann eine Verlängerung gewährt werden, insbesondere um die Auswirkungen außerordentlicher Ereignisse (z.B. Pandemie, Ukraine-Konflikt) abzufedern.
6. Verfahren
6.1 Die Handwerksorganisationen koordinieren nötigenfalls die Zuwendungsanträge eines Projekts und reichen diese gebündelt bei der Bewilligungsbehörde ein.
6.2 Bewilligungsbehörde ist die zuständige Regierung. Die benötigten Haushaltsmittel werden nach Rücksprache mit dem StMWi der Bewilligungsbehörde projektbezogen von diesem zugewiesen. Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuschüsse sowie die Prüfung der Verwendung oder eine ggf. erforderliche Aufhebung von Zuwendungsbescheiden und die Rückforderung der gewährten Zuschüsse gelten die entsprechenden haushaltsrechtlichen und verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften.
6.3 Die Antragstellung ist formgebunden und kann auf elektronischem Weg erfolgen.
6.4 Die Bewilligungsbehörde erlässt den Zuwendungsbescheid, zahlt die Mittel aus und übernimmt die abschließende Prüfung der Verwendungsnachweise/-berichte.
6.5 Keine Zuwendung erhalten Vorhaben, die vor Eingang eines prüffähigen Antrags bei der zuständigen Stelle und deren Zustimmung zum Maßnahmenbeginn bereits begonnen wurden.
6.6 Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist gemäß Art. 91 BayHO berechtigt, bei den Zuwendungsempfängern zu prüfen.
7. Sonstiges
7.1 Die Zuwendungsempfänger erarbeiten ein Konzept zur fortlaufenden Evaluierung der Maßnahme, das Gegenstand des Zuwendungsantrags ist und ab Maßnahmenbeginn umgesetzt wird. Das aktuelle Ergebnis der Evaluation ist mit dem Verwendungsnachweis der Bewilligungsstelle oder dem StMWi auf Verlangen jederzeit zur Verfügung zu stellen.
7.2 Die Antragsteller müssen für die Finanzierung der Zuwendungsvorhaben nachweislich in angemessenem Umfang Eigen- oder Fremdmittel einsetzen, die nicht durch andere öffentliche Hilfen finanziert oder zinsverbilligt werden.
7.3 Die Antragssteller müssen über die Zuwendungsmittel und deren Verwendung getrennt Buch führen. Insbesondere ist Aufwand an Arbeitszeit des beteiligten Personals entsprechend zu dokumentieren. Diese Regelung wird in die Bewilligungsbescheide aufgenommen.
7.4 Der Zuwendungsempfänger hat in geeigneter Weise bei Veröffentlichungen, Publikationen, Veranstaltungen u. Ä. darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Maßnahme vom StMWi durch Zuwendungen gefördert wurde.
7.5 Die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen für Projekte (ANBest-P) werden Bestandteil des Zuwendungsbescheids.
8. Inkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 2020 in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.