Richtlinie
Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums über die Förderung von ressourcen- und klimaschonendem Beton im Hochbau (VwV R-Beton)
Vom 12. Mai 2023 – Az.: UM2-0430.3-394/34/2 –
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1 Ausgangslage
Die klimaschonende Kreislaufwirtschaft kann gelingen, wenn Sekundärrohstoffe hochwertiger verwertet und wettbewerbsfähiger werden. Ressourcenschonender Beton (R-Beton) trägt zur Ressourceneffizienz und zum Klimaschutz bei, da mit ihm Stoffkreisläufe unmittelbar geschlossen und Transportwege verkürzt werden können. Kies oder gebrochener Naturstein kann durch eine Gesteinskörnung, die aus qualifiziert aufbereitetem Bauschutt oder aus der Nassklassierung von Bodenmaterial hergestellt wird, zu nennenswerten Teilen in der Betonherstellung ersetzt werden. Abhängig vom Anwendungsgebiet und den Umgebungsbedingungen kann die Gesteinskörnung aus Primärrohstoffen bis zu 45 Prozent durch rezyklierte Gesteinskörnungen aus qualifiziert aufbereitetem Bauschutt substituiert werden.
R-Beton bietet damit die Möglichkeit, die anfallenden Abfallmassen in den dafür geeigneten Anteilen wieder in den Hochbau zurückzuführen und somit Kreisläufe zu schließen. Um klimaschonenden R-Beton herzustellen, ist es jetzt schon möglich, die rezyklierte Gesteinskörnung mit CO2 zu beaufschlagen, um das CO2 durch Karbonatisierung zu speichern.
In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2020 aus Gründen des noch unzureichenden Marktgeschehens für R-Beton lediglich etwa 340.000 Tonnen Recyclingmaterial als Gesteinskörnung für Beton eingesetzt. Diese Zahl muss in Relation zu den etwa 19 Millionen Tonnen Transportbeton pro Jahr gesehen werden, die im Land hergestellt werden. Dies bietet damit ein theoretisches Potenzial für die Nutzung von rund 5 Millionen Tonnen an rezyklierter Gesteinskörnung, da eine Tonne R-Beton durchschnittlich rund 250 Kilogramm rezyklierte Gesteinskörnung enthält. Daraus wird deutlich, dass der Markt für R-Beton über eine sehr hohe, bislang ungenutzte Kapazität verfügt, die es künftig vermehrt zu nutzen gilt.
2 Zuwendungsziel
Im Rahmen des Klimaschutzsofortprogramms „Klimaschutz und Energiewende“ der Landesregierung soll die klimafreundliche Kreislaufwirtschaft gefördert werden. Ziel des Förderprogramms ist es, die flächendeckende Verfügbarkeit von R-Beton in Baden-Württemberg zu unterstützen und den wirtschaftlichen Einsatz von R-Beton zu verbessern. Damit soll auch ein wichtiger Beitrag geleistet werden, Beton klimafreundlicher zu gestalten. Hierzu sollen Transportbetonunternehmen durch das Förderprogramm bei der Herstellung von R-Beton unterstützt werden.
3 Rechtsgrundlagen
Zuwendungen werden nach Maßgabe dieser Verwaltungsvorschrift, den §§ 23 und 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) und den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften (VV-LHO) sowie der §§ 48, 49 und 49a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in der jeweils geltenden Fassung im Rahmen der haushaltsrechtlichen Ermächtigung gewährt.
Anwendung findet überdies
- die Verordnung Nr. (EU) 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen
in der jeweils geltenden Fassung.
Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Förderung besteht auch bei Erfüllung aller Fördervoraussetzungen nicht. Über die Bewilligung entscheidet der Fördergeber nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.
4 Allgemeine Fördervoraussetzungen
4.1 Zuwendungen können nach Nummer 1.2 der VV-LHO zu § 44 nur für Projekte bewilligt werden, mit denen zum Zeitpunkt der Bewilligung noch nicht begonnen worden ist. Ein Projekt ist begonnen, sobald dafür entsprechende Lieferungs- oder Leistungsverträge abgeschlossen sind. Zum Zeitpunkt des Projektbeginns muss der Zuwendungsbescheid vorliegen.
4.2 Die Förderung erfolgt als eine „De-minimis“-Beihilfe im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 in der jeweils gültigen Fassung. Die in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen müssen für die Gewährung der Zuwendung gegeben sein. Die Einhaltung der Voraussetzungen wird über eine De-minimis-Erklärung überprüft, die dem Antragsformular beiliegt und auszufüllen ist. Liegen die Voraussetzungen für eine De-minimis-Beihilfe nicht vor, ist eine Förderung im Rahmen dieser Verwaltungsvorschrift nicht möglich.
4.3 Der Zuwendungsempfänger stimmt der Veröffentlichung der Zuwendungsdaten (mindestens Name des Zuwendungsempfängers, Kurzbeschreibung, geförderte Tatbestände, gefördertes Aufkommen an rezyklierter Gesteinskörnung, Zuwendungsbetrag) durch das Umweltministerium oder durch eine vom Umweltministerium benannte Institution zu. Ferner stimmt der Zuwendungsempfänger der Veröffentlichung von Abschlussberichten und gegebenenfalls der Ergebnisse einer ausschließlich zum Zweck der anonymisierten wissenschaftlichen Analyse und Auswertung von Daten zur Erstprüfung, zu rezyklierten Gesteinskörnungen und zu Gesteinskörnungen, die über eine Nassklassierungsanlage gewonnen wurden, durch eine vom Umweltministerium benannte Institution zu.
4.4 Der Zuwendungsempfänger verpflichtet sich, einer vom Umweltministerium benannten Institution zum Zwecke einer möglichen wissenschaftlichen Begleitung des Projekts die Daten in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.
4.5 Die „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (AN-Best-P)“ in der jeweils gültigen Fassung sind zu beachten.
4.6 Die Kumulierung mit anderen Fördermitteln der Europäischen Union, des Bundes oder des Landes ist nicht zulässig.
5 Begriffsbestimmungen
5.1 Rezyklierte Gesteinskörnung im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist eine Gesteinskörnung nach DIN EN 12.620 (Ausgabe 2008-07), die durch Aufbereitung von vorher beim Bauen verwendeten anorganischen Stoffen gewonnen wird.
5.2 „R-Beton“ im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist ein Beton, der eine rezyklierte Gesteinskörnung nach DIN EN 12.620 (Ausgabe 2008-07) von mehr als 25 Volumenprozent (bezogen auf die gesamte Gesteinskörnung) enthält.
5.3 „CO2-beaufschlagte, rezyklierte Gesteinskörnung“ im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist eine rezyklierte Gesteinskörnung, die mit CO2 bedampft wurde und hierdurch zusätzlich mindestens 5 bzw. 10 kg CO2 pro Tonne rezyklierter Gesteinskörnung dauerhaft bindet.
5.4 „Erstprüfung“ im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist eine Prüfung bzw. sind Prüfungen vor einem projektbezogenen Herstellungsbeginn, um zu ermitteln, wie ein neuer R-Beton alle festgelegten Anforderungen im frischen und erhärteten Zustand erfüllen kann. Die Erstprüfung beinhaltet auch die in der „DAfStb-Richtlinie – Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12.620“ (Ausgabe 2010-09) erforderlichen Untersuchungen für die erweiterte Erstprüfung. Es ist davon auszugehen, dass während des Förderzeitraums die oben genannte DAfStb-Richtlinie durch die neue Betonnorm DIN 1045-2 (neue Ausgabe) ersetzt wird, deren Anforderungen im Wesentlichen der zuvor genannten DAfStb-Richtlinie entsprechen. Je nach Einsatzzweck ist für die Erstprüfung nach DIN 1045-2 (neue Ausgabe) eine Überprüfung des Verarbeitbarkeitsfensters (Veränderung der Konsistenz in Abhängigkeit von der Zeit) sowie die Durchführung von Frostversuchen im Plattenverfahren beziehungsweise CF-Verfahren erforderlich. Diese sind auch Bestandteil der erweiterten Erstprüfung.
5.5 „Transportbetonwerk“ im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist eine Anlage, in der Transportbeton hergestellt wird, der zur Baustelle geliefert oder an einen Abholer abgeben wird.
5.6 „Nassklassierungsanlage“ im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist eine nassmechanische Aufbereitungsanlage, die Bodenaushubmaterialien wäscht, klassiert und mineralische Rohstoffe wie Kiese, Splitte und Sande gewinnt.
6 Zuwendungsgegenstand
Gefördert wird die Herstellung von R-Beton in Transportbetonwerken mit einem Anteil der rezyklierten Gesteinskörnung von mehr als 25 Volumenprozent bezogen auf die gesamte Gesteinskörnung.
7 Zuwendungsberechtigte
Zuwendungsberechtigt sind:
- Unternehmen, deren Transportbetonwerk, in dem R-Beton hergestellt wird oder werden soll, sich in Baden-Württemberg befindet.
8 Zuwendungsfähige Ausgaben
Zuwendungsfähig sind
- Ausgaben für den Kauf von rezyklierten Gesteinskörnungen gemäß Nummer 5.1, die unmittelbar zur Herstellung von R-Beton gemäß Nummer 5.2 eingesetzt werden,
- Ausgaben für den Kauf von CO2-beaufschlagten, rezyklierten Gesteinskörnungen gemäß Nummer 5.3, die unmittelbar zur Herstellung von R-Beton gemäß Nummer 5.2 eingesetzt werden,
- Ausgaben für den Kauf von Gesteinskörnungen aus Nassklassierungsanlagen gemäß Nummer 5.6, die unmittelbar zur Herstellung von R-Beton gemäß Nummer 5.2 eingesetzt werden und
- Ausgaben für die abgeschlossene Erstprüfung für die Zulassung von R-Beton gemäß Nummer 5.4.
9 Art, Form und Höhe der Zuwendung
9.1 Die Zuwendung wird im Wege der Förderung als Festbetragsfinanzierung auf Antrag in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses gewährt.
9.2 Die Höhe der Zuwendung ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.
[Tabelle nicht abgedruckt]
9.3 Pro Unternehmen kann eine Zuwendung für maximal drei Erstprüfungen erfolgen.
9.4 Die Zuwendung beträgt mindestens 20.000,00 Euro pro Unternehmen. Pro Unternehmen darf die Summe der Zuwendungen den Betrag von 100.000,00 Euro nicht überschreiten.
10 Antrags- und Bewilligungsverfahren
10.1 Die Antragstellung erfolgt bei Referat 26 des Umweltministeriums. Zur Antragsstellung sind die zur Verfügung gestellten Formulare zu verwenden. Die Antragstellung kann vorzugsweise über elektronisch eingereichte Unterlagen unter R-Beton@um.bwl.de erfolgen.
Folgende Nachweise und Unterlagen sind bei der Antragstellung zu erbringen:
1. Antrag mit zugehörigen Nachweisen entsprechend den Antragsformularen,
2. eine Erklärung, dass mit dem Vorhaben (Kauf von Gesteinskörnungen oder Beauftragung einer Erstprüfung, der oder die gefördert werden soll) noch nicht begonnen wurde,
3. eine Erklärung, ob Umsatzsteuerbeträge nach § 15 Umsatzsteuergesetz (UStG) als Vorsteuer abziehbar sind.
10.2 Der Antrag (einstufiges Verfahren) hat die im Folgenden aufgeführten Punkte zu umfassen:
- allgemeine Angaben (Antragsteller),
- Name und Größe des Unternehmens, ggf. gesetzlicher Vertreter,
- Angaben zum Transportbetonwerk (Standort, Einzugsbereich, jährlich produzierte Transportbetonmenge),
- kurze allgemeinverständliche Charakterisierung des Vorhabens,
- geplanter Zeitraum der Durchführung des Vorhabens (Bewilligungszeitraum),
- Angaben zur bisherigen Herstellung von R-Beton oder Beton mit Gesteinskörnungen aus Nassklassierungsanlagen,
- Kosten- und Finanzierungsplan mit
- Angaben zur geplanten Einsatzmenge von rezyklierten Gesteinskörnungen oder Gesteinskörnungen aus Nassklassierungsanlagen,
- gegebenenfalls bisheriger Einkaufspreis für rezyklierte Gesteinskörnungen oder Gesteinskörnungen aus Nassklassierungsanlagen und
- gegebenenfalls Angaben zur Erstprüfung (geplante Anzahl),
- De-minimis-Erklärung.
11 Auszahlungsverfahren
11.1 Während des Bewilligungszeitraums sind Auszahlungen im Rahmen einer Mittelanforderung möglich. Das hierfür zu verwendende Formular wird zur Verfügung gestellt.
11.2 Der Verwendungsnachweis einschließlich Sachbericht ist dem Umweltministerium spätestens drei Monate nach Beendigung des Projekts vorzulegen. Ein Formular, das hierfür zu verwenden ist, wird zur Verfügung gestellt.
11.3 Die Auszahlung der Förderung erfolgt durch das Umweltministerium nach Prüfung der Mittelanforderung oder des Verwendungsnachweises.
Folgende Unterlagen sind beizufügen:
Bei Mittelanforderung:
1. Rechnungen über den Einkaufspreis der Gesteinskörnungen, einschließlich der Zahlungsnachweise.
2. Bestätigung der erfolgreich durchgeführten Erstprüfung mit Prüfungsprotokoll, sofern dafür eine Förderung beantragt wurde.
Bei Verwendungsnachweis:
3. Rechnungen über den Einkaufspreis der Gesteinskörnungen, einschließlich der Zahlungsnachweise.
4. Nachweise:
- Menge der zur Herstellung von R-Beton im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift eingesetzten
- rezyklierten Gesteinskörnung gemäß den Nummern 5.1 oder 5.3,
- Gesteinskörnung aus Nassklassierungsanlagen gemäß Nummer 5.6,
die jeweils durch Lieferschein oder Herstellerbestätigung mit Bezug auf den Lieferschein zu bestätigen ist.
- Anteil der rezyklierten Gesteinskörnung oder Gesteinskörnung aus Nassklassierungsanlagen bezogen auf die Gesamtkörnung (in Volumenprozent).
- Menge des R-Betons, der mit Gesteinskörnungen hergestellt wurde, für die eine Förderung nach dieser Verwaltungsvorschrift erfolgt.
- Der Erfolg der CO2-Beaufschlagung der rezyklierten Gesteinskörnung ist durch eine repräsentative Bilanzierung des CO2-Gehalts vor und nach der Beaufschlagung nachzuweisen. Die Festlegung der Repräsentativität der Probenahme sowie das Verfahren zur Ermittlung der CO2-Gehalte, z.B. mit thermischen Verfahren, hat in Abstimmung mit dem Umweltministerium zu erfolgen.
- Bestätigung der erfolgreich durchgeführten Erstprüfung mit Prüfungsprotokoll, sofern dafür eine Förderung beantragt wurde.
12 Geltungsdauer
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Sie tritt am 31. Dezember 2024 außer Kraft.